Kontoüberziehung

Ein Klick zu viel beim Online-Shopping, eine verspätete Gehaltszahlung oder eine unerwartete Abbuchung – und schon ist das Konto im Minus. Für viele Verbraucher ist die Kontoüberziehung kein Ausnahmefall, sondern ein regelmäßiger Begleiter im Alltag. Laut Umfragen überziehen rund 40 % der Girokonteninhaber in Deutschland mindestens einmal im Jahr ihr Konto – oft ohne sich der Kosten und Folgen bewusst zu sein.

Was viele nicht wissen: Nicht jede Überziehung ist gleich. Ob geduldet, genehmigt oder überschritten, macht einen erheblichen Unterschied – besonders bei den Zinsen, der Bonität und der rechtlichen Behandlung durch die Bank. Höchste Zeit also, die Kontoüberziehung genau zu verstehen und zu erfahren, wie man sich vor unnötigen Kosten schützen kann.


Was bedeutet Kontoüberziehung? – Definition & rechtlicher Rahmen

Eine Kontoüberziehung liegt vor, wenn das Girokonto mit einem Betrag belastet wird, der das aktuelle Guthaben übersteigt. Die Bank gewährt dem Kunden damit kurzfristig eine Form von Kredit, entweder im Rahmen eines genehmigten Dispositionskredits oder als geduldete Überziehung ohne Vereinbarung.

Formen der Überziehung:

  • Dispokredit (eingeräumte Überziehung): schriftlich vereinbart, Zinssatz bekannt, wiederholt nutzbar
  • Geduldete Überziehung: keine vorherige Vereinbarung, kurzfristig erlaubt, oft teurer

Rechtlich gilt: Eine Überziehung ist nur dann rechtens, wenn sie von der Bank geduldet oder genehmigt wurde. Ansonsten kann die Bank Abbuchungen zurückweisen oder Gebühren verlangen.


Geduldete Überziehung vs. Dispokredit – zwei unterschiedliche Konstrukte

MerkmalDispokreditGeduldete Überziehung
Vereinbarung vorhanden?JaNein
ZinssatzHoch (9–13 %)Sehr hoch (13–18 %)
PlanbarkeitKalkulierbarUnberechenbar
Laufzeitunbegrenztkurzfristig (meist 30 Tage)
Bank darf verweigern?NeinJa, jederzeit
Bonitätsrelevant?JaJa (negativ bei Dauerüberziehung)

Fazit: Die geduldete Überziehung ist die teuerste und risikoreichste Form der Kontoüberziehung – und sollte unbedingt vermieden werden.


Wann liegt eine Kontoüberziehung vor? – Praxisnahe Beispiele

Kontoüberziehungen passieren oft ungewollt – z. B. bei:

  • nicht gedeckter Lastschrift (Miete, Versicherung)
  • Kartenzahlung am Terminal, das keine Online-Autorisierung macht
  • Dauerauftrag vor Geldeingang
  • Abbuchung der Kreditkarte mit Verzögerung

Beispiel: Dein Kontostand ist 100 €. Du kaufst für 150 € ein, und das Zahlungssystem zieht sofort ab. Die Bank lässt es durchlaufen – dein Konto steht auf –50 €. Du hast überzogen – und zahlst dafür Zinsen.


Konto überzogen – was passiert dann?

Wenn du dein Konto überziehst, reagiert die Bank meist in drei Stufen:

  1. Duldung: Die Bank akzeptiert die Überziehung für einen kurzen Zeitraum.
  2. Zinserhebung: Sofort beginnt die Berechnung von Überziehungszinsen.
  3. Mahnung oder Sperrung: Bei längerer oder wiederholter Überziehung drohen Gebühren, Rückbuchungen, Kontosperrung.

Je nach Kontomodell und Bonität kann es auch zu einem automatischen Widerruf des Dispokredits kommen – oder gar zur Kündigung des gesamten Kontos.


Wie hoch sind die Zinsen bei einer Überziehung? – Fakten & Zahlen

Laut aktuellen Marktvergleichen (Stand 2024) liegen die durchschnittlichen Zinssätze für geduldete Überziehungen bei 13–16 %, einige Institute verlangen sogar über 17 %.

BanktypDurchschnittlicher Zinssatz
Direktbank9–11 % (Dispokredit), 12–14 % (geduldet)
Filialbank11–13 % (Dispokredit), 14–17 % (geduldet)
Sparkassen/Volksbankenteils über 18 % bei geduldeter Überziehung

Geduldete Überziehung und Zinsfalle – warum sie so gefährlich ist

Die geduldete Überziehung gilt als teuerste Form kurzfristiger Liquidität. Anders als beim vereinbarten Dispokredit hast du:

  • keine Kontrolle über den Zinssatz
  • keine Sicherheit, wie lange die Bank sie duldet
  • keine Warnung, wann es zur Rückbuchung kommt

Beispiel:

Du überziehst dein Konto um 500 € für 20 Tage, Zins: 15 %.
Rechnung: 15 × 500 × 20 ÷ 36000 = 4,17 € Zinsen – für nur drei Wochen!

Das klingt wenig, doch bei dauerhafter Nutzung summieren sich solche Beträge schnell auf 100–300 € im Jahr.


Zinsberechnung bei Kontoüberziehung – so viel kostet’s wirklich

Die Berechnung erfolgt wie beim Dispokredit – tagesgenau, nach folgender Formel:

Zinssatz × Betrag × Tage ÷ 36000 = Zinskosten

Beispiel 2:

  • Betrag: 1.000 €
  • Zinssatz: 16 %
  • Dauer: 45 Tage
    → 16 × 1000 × 45 ÷ 36000 = 20 € Zinsen

Tipp: Prüfe regelmäßig deinen Kontostand – besonders nach Wochenenden, Feiertagen oder Monatswechseln.


Ab wann wird es kritisch? – Die Dauer als Risikofaktor

Kurzfristige Überziehungen (1–2 Tage) verzeiht die Bank oft. Doch bei Dauerüberziehungen ab 30 Tagen greifen interne Eskalationsprozesse:

  • Mahnschreiben
  • Kündigung des Dispokredits
  • Rückbuchungen durch die Bank
  • Weitergabe an Inkasso oder Schufa-Meldung

Die Bank ist nicht verpflichtet, eine Überziehung dauerhaft zu dulden – sie kann jederzeit rückbuchen und sofortige Rückzahlung fordern.


Kontoüberziehung und Bonität – das Schufa-Risiko

Viele glauben, die Schufa bekommt von Überziehungen nichts mit. Das ist falsch.

  • Dispokredit: als Kreditrahmen gespeichert
  • Geduldete Überziehung: kein Eintrag – aber Score kann sinken, wenn Überziehung länger besteht
  • Rückbuchung mangels Deckung: negativ für Zahlungszuverlässigkeit

Fazit: Dauerhaft überzogenes Konto → schlechter Score → teurere Kredite oder Ablehnung bei Verträgen.


Mahnung, Rückbuchung, Sperrung – wenn’s aus dem Ruder läuft

Banken handeln automatisiert:

  • Mahnung per Brief oder App (nach 7–14 Tagen)
  • Konto vorübergehend gesperrt
  • Lastschriften werden nicht mehr eingelöst
  • Zusätzliche Gebühren für Rücklastschriften

Schlimmstenfalls folgt:

  • Kontoauflösung
  • Schufa-Negativeintrag
  • Inkasso-Verfahren

Tipp: Lieber frühzeitig Kontakt mit der Bank aufnehmen, um Lösung zu finden – viele bieten individuelle Rückzahlungspläne an.


Überziehung durch Lastschrift, Dauerauftrag & Kartenzahlung

Viele Kontoüberziehungen entstehen ohne aktives Zutun:

  • Daueraufträge laufen vor Gehaltseingang
  • Lastschriften (z. B. Fitnessstudio, Versicherung) werden eingezogen
  • EC-Zahlung am Wochenende – Kontoausgleich kommt zu spät
  • Kreditkarten werden gesammelt abgebucht – Dispo wird überzogen

Fazit: Plane dein Konto so, dass pufferfrei kein Risiko besteht – oder nutze App-Warnsysteme.


Rechte bei ungewollter Kontoüberziehung – was Verbraucher wissen sollten

Viele Verbraucher wissen nicht: Nicht jede Kontoüberziehung ist rechtmäßig. In bestimmten Fällen kannst du dich dagegen wehren:

Beispiele für unrechtmäßige Überziehung:

  • Fehlbuchung durch die Bank
  • Überziehung durch doppelte Abbuchung
  • Kartenzahlung trotz fehlender Deckung ohne Zustimmung

Deine Rechte:

  • Rückforderung unberechtigter Abbuchungen
  • Widerspruch gegen Überziehungszinsen
  • Einschaltung der Ombudsstelle deiner Bank
  • Kündigung des Dispokredits durch dich jederzeit möglich

Tipp: Dokumentiere jede Abbuchung – und stelle bei Problemen schriftlich Rückfragen.


Tools zur Vermeidung von Überziehungen – clever haushalten

Digitalisierung hilft dabei, Kontoüberziehungen zu vermeiden. Die besten Funktionen:

  • Tageslimit festlegen – pro Tag, Woche, Monat
  • Budgetplaner in der App – wie bei ING, DKB, Revolut
  • Push-Benachrichtigungen bei niedrigem Kontostand
  • Automatische Umbuchung von Tagesgeld
  • Zweites Girokonto nur für Fixkosten

Empfehlung: Nutze kostenlose Finanz-Apps wie Finanzguru, Outbank oder MoneyCoach zur Kontrolle deiner Liquidität.


Umschuldung statt Überziehung – wann lohnt sich ein Ratenkredit?

Wer sein Konto regelmäßig überzieht, sollte über eine Umschuldung in einen Ratenkredit nachdenken.

Vorteile:

  • Fester Zinssatz, meist zwischen 3–6 %
  • Gleichbleibende Monatsrate
  • Klarer Tilgungsplan

Beispiel:
Statt dauerhaft 2.000 € im Dispo (Zins 12 %) → Ratenkredit über 24 Monate (Zins 4 %)
Ersparnis: bis zu 250 € Zinsen pro Jahr

Tipp: Viele Onlinebanken bieten sofortige Kreditzusage und direkte Kontoauszahlung.


Kann man Überziehungszinsen steuerlich absetzen?

Ja – aber nur bei beruflicher Nutzung des Girokontos. Das gilt etwa für:

  • Selbstständige mit Geschäftsausgaben über das Privatkonto
  • Arbeitnehmer, die Werbungskosten über das Girokonto abwickeln (z. B. Bewerbungskosten)

Voraussetzungen:

  • Nachweis der beruflichen Veranlassung
  • Zinsen müssen direkt mit Einnahmeerzielung zusammenhängen

Tipp: Besser: geschäftliches und privates Konto trennen – erhöht Transparenz und Akzeptanz beim Finanzamt.


Kontoüberziehung bei Geschäftskonten – Sonderfall mit hohen Risiken

Geschäftskonten haben oft keinen automatisch eingeräumten Dispo – und wenn doch, dann meist zu noch höheren Zinssätzen (bis zu 15–18 %).

Besonderheiten:

  • Banken prüfen Bonität strenger
  • Rückzahlung kann sofort fällig gestellt werden
  • Kein gesetzlicher Schutz wie bei Verbrauchern

Tipp: Unternehmer sollten stattdessen über einen Betriebsmittelkredit oder Kontokorrentkredit verhandeln – günstiger und planbarer.


Wie gleiche ich eine Kontoüberziehung aus? – Strategien zur Schuldenfreiheit

  1. Kontoauszug prüfen – Wie lange, wie tief im Minus?
  2. Budget aufstellen – Welche Einnahmen sind verfügbar?
  3. Dispo priorisieren – Vor allen anderen Krediten zurückzahlen!
  4. Teilweise Umschuldung prüfen – z. B. 50 % Dispo durch Ratenkredit ersetzen
  5. Zusatzjobs, Rücklagen oder Familienhilfe aktivieren

Motivation: Jeder Euro im Dispo spart 0,03–0,04 € Zinsen pro Monat – langfristig eine enorme Entlastung.


Gesetzliche Reformen & Verbraucherschutz bei Kontoüberziehung

In den letzten Jahren wurde viel über eine gesetzliche Deckelung der Überziehungszinsen diskutiert. Zwar gibt es noch keinen fixen Höchstzinssatz, aber einige Vorschriften stärken die Verbraucherrechte:

  • § 504 BGB: Banken müssen über Überziehungszinsen transparent und rechtzeitig informieren
  • BGH-Urteil 2016: Bei geduldeter Überziehung müssen besondere Hinweise erfolgen
  • BaFin-Leitlinien: Empfehlungen zur „angemessenen Kreditvergabe“, speziell bei Überziehungen

Fazit: Noch kein Zinsdeckel – aber mehr Druck auf Banken zur Fairness und Transparenz.


Fallbeispiele & typische Fehler in der Praxis

Fall 1: Dauerauftrag vor Gehaltseingang

Ein Kunde hat einen Dauerauftrag für die Miete am 30. eingerichtet – sein Gehalt kommt jedoch immer am 1. → Konto überzogen, hohe Zinsen.

Lösung: Dauerauftrag auf den 2. oder 3. verschieben – oder Gehaltseingangstag ändern.

Fall 2: Kreditkartenabbuchung überzieht Dispo

Kreditkarte belastet am Monatsende 1.000 €, Dispolimit liegt bei 800 €. → 200 € sind geduldete Überziehung, Zinssatz über 15 %

Lösung: Dispolimit prüfen oder Karte mit Tagesabrechnung verwenden.

Fall 3: Fehlende App-Warnung

Bank bietet keine Push-Funktion. Konto überzogen für 10 Tage unbemerkt.

Lösung: App mit Warnfunktion installieren oder manuelle Kontrolle.


FAQs zur Kontoüberziehung

Was ist eine Kontoüberziehung genau?
Wenn dein Girokonto unter 0 € sinkt – entweder im Rahmen eines Dispos (vereinbart) oder darüber hinaus (geduldet).

Wie schnell muss ich eine Überziehung ausgleichen?
So schnell wie möglich – bei geduldeter Überziehung oft innerhalb weniger Tage, bei Dispo nach eigenem Ermessen.

Muss die Bank eine Überziehung akzeptieren?
Nein – nur beim eingeräumten Dispo. Geduldete Überziehung ist freiwillig.

Kann mein Konto wegen Überziehung gekündigt werden?
Ja – besonders bei Dauerüberziehung, Nichtreaktion auf Mahnungen oder Bonitätsproblemen.

Gibt es ein Recht auf Dispokredit?
Nein – Banken sind nicht verpflichtet, einen Dispo einzuräumen oder zu gewähren.

Wie kann ich mein Konto vor Überziehungen schützen?
Durch Budgetplanung, App-Warnungen, Limits und automatische Umbuchungen von Sparkonten.


Fazit: Kontoüberziehung ist vermeidbar – mit Wissen, Planung und Tools

Eine Kontoüberziehung ist kein Drama – aber dauerhaft teuer und riskant, vor allem, wenn sie geduldet und unkontrolliert ist. Wer sie vermeidet, spart bares Geld, schützt seine Bonität und hat die eigene Finanzlage besser im Griff.

5 Tipps zum Abschluss:

  1. Regelmäßige Konto-Checks durchführen
  2. Überziehungszinsen kennen & vergleichen
  3. Warnsysteme in Apps aktivieren
  4. Dispo-Nutzung dokumentieren & begrenzen
  5. Bei Problemen: Bank ansprechen – Lösungen suchen

Fazit: Weniger Minus auf dem Konto = weniger Minus auf dem Lebensgefühl.