Bemessungsentgelt

Das Bemessungsentgelt ist ein zentraler Begriff im deutschen Sozialversicherungsrecht. Es bildet die Berechnungsgrundlage für zahlreiche Leistungen, darunter das Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld oder Mutterschaftsgeld. Doch wie wird das Bemessungsentgelt ermittelt? Welche Einkünfte zählen dazu – und welche nicht? In diesem Beitrag erfährst du, was es mit dem Bemessungsentgelt auf sich hat, warum es für Arbeitnehmer so wichtig ist und wie du es nachvollziehen kannst.


Was ist das Bemessungsentgelt?

Das Bemessungsentgelt ist das durchschnittliche beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt eines Arbeitnehmers innerhalb eines bestimmten Zeitraums – meist der letzten zwölf Monate vor dem Leistungsfall. Es dient als Grundlage zur Berechnung von Lohnersatzleistungen, etwa:

  • Arbeitslosengeld I
  • Kurzarbeitergeld
  • Mutterschaftsgeld
  • Krankengeld (in bestimmten Fällen)

Der Begriff taucht insbesondere im Zusammenhang mit der Agentur für Arbeit, Krankenkassen und Versicherungen auf.


Wo wird das Bemessungsentgelt verwendet?

Das Bemessungsentgelt ist die Basis zur Berechnung von:

  1. Arbeitslosengeld (ALG I)
    → Höhe des ALG richtet sich nach dem täglichen Bemessungsentgelt
  2. Kurzarbeitergeld
    → Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt basiert auf Bemessungsentgelt
  3. Mutterschaftsgeld und Elterngeld
    → Maßgeblich ist das Nettoentgelt auf Basis des Bemessungsentgelts
  4. Insolvenzgeld
    → Berechnet sich nach dem Nettoentgelt, das wiederum auf dem Bemessungsentgelt basiert

Berechnung des Bemessungsentgelts beim Arbeitslosengeld

Das Bemessungsentgelt für das Arbeitslosengeld I wird wie folgt ermittelt:

  1. Bemessungszeitraum:
    Die letzten 12 Monate mit versicherungspflichtigem Einkommen vor der Arbeitslosigkeit. Wenn der Zeitraum unterbrochen ist (z. B. Krankheit, Elternzeit), wird er entsprechend angepasst.
  2. Ermittlung des Bruttoarbeitsentgelts:
    Alle beitragspflichtigen Bruttoeinkünfte im Bemessungszeitraum werden addiert.
  3. Berechnung des durchschnittlichen Tagesentgelts:
    Gesamtbrutto / Anzahl der Kalendertage des Bemessungszeitraums (i. d. R. 365)

→ Dieses tägliche Bemessungsentgelt ist die Grundlage für das sogenannte Leistungsentgelt, aus dem sich das Arbeitslosengeld ableitet.


Beispiel:

  • Bruttojahresgehalt: 42.000 €
  • Bemessungszeitraum: 365 Tage
    → Tägliches Bemessungsentgelt = 115,07 €
    → Leistungssatz: 60 % (ohne Kind) bzw. 67 % (mit Kind)
    → ALG I: ca. 69,04 € pro Tag (ohne Kind)

Welche Einkünfte zählen zum Bemessungsentgelt?

Angerechnet werden:

  • Laufendes Arbeitsentgelt (Gehalt, Lohn)
  • Einmalzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld)
  • Zulagen (z. B. Schicht- oder Erschwerniszuschläge)
  • Vermögenswirksame Leistungen

Nicht angerechnet werden:

  • steuerfreie Einnahmen (z. B. Verpflegungspauschalen)
  • Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge (sofern steuerfrei)
  • steuerfreie Aufwandsentschädigungen
  • Einmalige Abfindungen bei Kündigung

Bemessungsentgelt und Nettoentgelt: Der Unterschied

  • Bemessungsentgelt = durchschnittliches Bruttoeinkommen
  • Nettoentgelt = das, was nach Steuern und Sozialabgaben vom Bemessungsentgelt übrig bleibt

Für die Höhe der Leistung ist das Nettoentgelt nach pauschaler Berechnung entscheidend – und nicht dein tatsächliches Nettogehalt.


Bedeutung beim Kurzarbeitergeld

Auch beim Kurzarbeitergeld spielt das Bemessungsentgelt eine zentrale Rolle. Hier wird berechnet:

  • Soll-Entgelt (normales Entgelt ohne Kurzarbeit)
  • Ist-Entgelt (tatsächliches Einkommen in Kurzarbeit)
  • Kurzarbeitergeld = 60 % (bzw. 67 %) der Differenz

Die Berechnung erfolgt auf Basis von Tabellen der Bundesagentur für Arbeit unter Berücksichtigung des Bemessungsentgelts.


Steuerliche Einflüsse: Welche Steuerklasse zählt?

Bei der pauschalen Nettoermittlung aus dem Bemessungsentgelt ist deine Steuerklasse entscheidend.

  • Steuerklasse III → höheres Netto → höheres ALG
  • Steuerklasse V → geringeres Netto → geringeres ALG

💡 Tipp: Ein Wechsel der Steuerklasse vor Arbeitslosigkeit kann sich lohnen – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.


Wann wird ein fiktives Bemessungsentgelt angesetzt?

Wenn in den letzten 12 Monaten keine oder zu geringe versicherungspflichtige Zeiten vorhanden sind, wird ein fiktives Bemessungsentgelt verwendet.

Dabei wird der zuletzt ausgeübte Beruf in eine Qualifikationsgruppe eingestuft – mit pauschalierten Beträgen:

QualifikationFiktives Bemessungsentgelt (Beispielwerte)
Hochschulabschlussz. B. 3.800 €
Fachkraft mit Berufsausbildungz. B. 3.300 €
Hilfsarbeiterz. B. 2.600 €

Das tatsächliche ALG fällt bei fiktiver Bemessung oft deutlich niedriger aus.


Dokumentationspflichten: Welche Unterlagen sind nötig?

Zur Feststellung des Bemessungsentgelts müssen bei Antrag auf Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld folgende Unterlagen eingereicht werden:

  • Lohnabrechnungen der letzten 12 Monate
  • Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers
  • ggf. Nachweise über Einmalzahlungen oder Unterbrechungszeiten

Die Bundesagentur für Arbeit prüft diese Angaben im Detail – fehlerhafte Angaben können zu falscher Leistungsberechnung führen.


Häufige Fehler bei der Ermittlung

  • Falsche oder unvollständige Lohnabrechnungen
  • Nicht gemeldete Einmalzahlungen
  • Fehlende Berücksichtigung steuerpflichtiger Zulagen
  • Annahme, dass das Netto-Gehalt entscheidend ist

💡 Tipp: Alle Einkommensbestandteile sorgfältig dokumentieren und überprüfen lassen – besonders bei komplizierten Beschäftigungsverhältnissen.


Häufige Fragen zum Bemessungsentgelt (FAQs)

Wie berechnet sich das Bemessungsentgelt beim Arbeitslosengeld?

Durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt der letzten 12 Monate geteilt durch die Anzahl der Kalendertage des Bemessungszeitraums.

Welche Einkünfte zählen nicht zum Bemessungsentgelt?

Steuerfreie Zuschläge, Abfindungen, Aufwandsentschädigungen und Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge (soweit steuerfrei).

Was passiert, wenn ich keine 12 Monate gearbeitet habe?

Dann wird ggf. ein kürzerer Zeitraum zugrunde gelegt – oder ein fiktives Bemessungsentgelt ermittelt.

Kann ich mein Bemessungsentgelt beeinflussen?

Indirekt ja – etwa durch Einmalzahlungen oder Wahl der Steuerklasse. Für gezielte Optimierung: frühzeitig steuerlich beraten lassen.

Warum ist mein Arbeitslosengeld geringer als mein letztes Netto?

Weil das ALG auf einer pauschalen Berechnung aus dem Bemessungsentgelt basiert – nicht auf deinem tatsächlichen Netto.


Fazit: Bemessungsentgelt als Basis sozialer Absicherung

Das Bemessungsentgelt ist eine zentrale Rechengröße in der deutschen Sozialversicherung. Es entscheidet darüber, wie viel Unterstützung du im Falle von Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder Mutterschutz erhältst. Wer seine Einkommensverhältnisse gut kennt und frühzeitig wichtige Dokumente bereithält, sorgt für Transparenz und kann böse Überraschungen vermeiden. Die exakte Kenntnis des eigenen Bemessungsentgelts hilft dabei, Leistungen zu verstehen, zu überprüfen – und im Zweifel erfolgreich Einspruch zu erheben.