Bewertungsverfahren

Ob bei der Ermittlung des Immobilienwerts, der Unternehmensbewertung oder im Steuerrecht: Bewertungsverfahren spielen eine zentrale Rolle, wenn der Wert von Vermögensgegenständen oder Rechten bestimmt werden muss. Doch was genau ist ein Bewertungsverfahren? Welche Methoden gibt es, wann kommen sie zum Einsatz, und worauf sollte man achten? In diesem Artikel erhältst du einen umfassenden Überblick über Bewertungsverfahren – einfach erklärt und mit vielen praktischen Beispielen.


Was ist ein Bewertungsverfahren?

Ein Bewertungsverfahren ist eine systematische Methode zur Ermittlung eines Wertes für Vermögensgegenstände, Unternehmen, Immobilien oder Rechte.

Bewertungsverfahren liefern eine objektive und nachvollziehbare Einschätzung des Werts auf Basis festgelegter Kriterien und Methoden.

📌 Bewertungsverfahren sind in vielen Bereichen gesetzlich geregelt oder durch Normen standardisiert.


Wofür werden Bewertungsverfahren eingesetzt?

Immobilienbewertung (z. B. für Kauf, Verkauf, Erbschaft, Scheidung)
Unternehmensbewertung (z. B. bei Fusionen, Übernahmen, Nachfolgeregelungen)
Steuerliche Bewertung (z. B. Erbschaft- und Schenkungsteuer)
Versicherungsbewertungen
Bilanzierung von Vermögenswerten nach Handelsrecht oder IFRS


Hauptarten von Bewertungsverfahren

1. Vergleichswertverfahren

  • Wert wird durch Vergleich mit ähnlichen Objekten ermittelt.
  • Typisch bei: Immobilienbewertung, Fahrzeugbewertung.

Beispiel: Verkaufspreise ähnlicher Wohnungen in derselben Lage dienen als Grundlage für die Bewertung.


2. Ertragswertverfahren

  • Bewertung anhand der künftig zu erwartenden Erträge (z. B. Mieten, Unternehmensgewinne).
  • Typisch bei: Renditeimmobilien, Unternehmensbewertung.

Beispiel: Der Wert eines Mietshauses ergibt sich aus den zukünftigen Mieteinnahmen abzüglich Kosten und Risiken.


3. Sachwertverfahren

  • Bewertung anhand der Herstellungskosten abzüglich Wertminderungen (z. B. Alter, Abnutzung).
  • Typisch bei: selbstgenutzten Immobilien, Spezialimmobilien.

Beispiel: Der Wert eines Einfamilienhauses wird durch die Baukosten abzüglich Altersabschreibung und zuzüglich Grundstückswert ermittelt.


4. Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF)

  • Unternehmensbewertung auf Basis diskontierter zukünftiger Zahlungsströme (Cashflows).
  • Sehr gebräuchlich bei großen Unternehmensübernahmen oder Investitionsentscheidungen.

Beispiel: Ein Startup wird bewertet, indem alle zukünftigen Einnahmen prognostiziert und auf den heutigen Wert abgezinst werden.


5. Substanzwertverfahren

  • Ermittlung des Wertes aller Vermögensgegenstände abzüglich Schulden.
  • Typisch bei: Liquidationsbewertungen, Unternehmensauflösungen.

Beispiel: Das Inventar und die Maschinen eines Unternehmens werden bewertet, um den Substanzwert zu ermitteln.


Bewertungsverfahren bei Immobilien

Das Baugesetzbuch (§ 194 BauGB) und die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) definieren drei Hauptverfahren:

VerfahrenAnwendungsbereich
VergleichswertverfahrenWohnungen, Grundstücke
ErtragswertverfahrenMiet- und Gewerbeobjekte
SachwertverfahrenEinfamilienhäuser, Sonderimmobilien

Bewertungsverfahren in der Unternehmensbewertung

In der Unternehmenspraxis werden folgende Verfahren angewendet:

Ertragswertverfahren
DCF-Verfahren
Multiplikatorverfahren (z. B. Umsatz-, EBIT- oder EBITDA-Multiplikatoren)
Substanzwertverfahren

Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt von Branche, Unternehmensgröße, Zukunftsaussichten und Marktgegebenheiten ab.


Bewertungsverfahren im Steuerrecht

Die Finanzbehörden nutzen Bewertungsverfahren, z. B.:

  • Bewertung von Immobilien für die Erbschaftsteuer
  • Bewertung von Betriebsvermögen bei Schenkungen
  • Grundlage ist oft das Bewertungsgesetz (BewG)

📌 Hier gelten teils standardisierte Verfahren, die im Vergleich zum Marktwert zu abweichenden Bewertungen führen können.


Kriterien für die Wahl des Bewertungsverfahrens

Art des Bewertungsobjekts (z. B. Immobilie, Unternehmen, Patent)
Zweck der Bewertung (z. B. Verkauf, Steuer, Bilanz)
Datenverfügbarkeit (z. B. vergleichbare Verkäufe, Ertragsprognosen)
Marktsituation (z. B. Angebot und Nachfrage)


Risiken und Herausforderungen bei Bewertungsverfahren

Subjektive Annahmen (z. B. Prognosen im Ertragswertverfahren)
Datenunsicherheit (z. B. fehlende Marktvergleiche)
Marktschwankungen (z. B. Immobilienblasen)
Unterschiedliche Verfahren können zu stark abweichenden Ergebnissen führen


Tipps für eine erfolgreiche Bewertung

Professionelle Gutachter oder Sachverständige einbeziehen
Mehrere Verfahren parallel anwenden (Plausibilitätsprüfung)
Aktuelle Marktdaten verwenden
Zweck der Bewertung klar definieren
Langfristige Entwicklung einbeziehen


Häufige Fragen (FAQs)

Was ist ein Bewertungsverfahren einfach erklärt?
Ein Bewertungsverfahren ist eine Methode, um systematisch den Wert eines Objekts wie einer Immobilie oder eines Unternehmens zu bestimmen.

Welches Bewertungsverfahren ist das beste?
Das hängt vom Bewertungszweck und Objekt ab. Oft ist eine Kombination mehrerer Verfahren sinnvoll.

Wie wird der Wert eines Hauses ermittelt?
Meist durch Vergleichswertverfahren oder Sachwertverfahren – abhängig davon, ob vergleichbare Verkäufe vorliegen.

Wer darf eine Bewertung erstellen?
Bei gerichtlichen oder steuerlichen Bewertungen: öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder anerkannte Gutachter.

Was ist der Unterschied zwischen Sachwert und Ertragswert?
Sachwert basiert auf Bau- und Herstellungskosten, Ertragswert auf den zukünftig erwarteten Einnahmen.


Fazit: Bewertungsverfahren – die Grundlage fundierter Entscheidungen

Bewertungsverfahren sind unverzichtbare Instrumente, um Werte objektiv und nachvollziehbar zu bestimmen. Ob bei Immobilien, Unternehmen oder steuerlichen Fragestellungen: Eine sorgfältige Wahl und Anwendung des passenden Bewertungsverfahrens schafft Transparenz, Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit – und bildet die Basis für kluge finanzielle Entscheidungen.