In Deutschland richtet sich die Höhe der monatlichen Lohnsteuer nach sogenannten Einkommensteuerklassen (häufig auch einfach „Steuerklassen“ genannt). Diese Klassen bestimmen, wie viel Lohnsteuer vom Gehalt einbehalten wird, und haben damit direkten Einfluss auf dein monatliches Nettoeinkommen. Die Wahl der richtigen Steuerklasse ist vor allem für verheiratete Paare wichtig, denn hier sind verschiedene Kombinationen möglich – mit teils deutlichen Unterschieden bei Lohnsteuer, Elterngeld oder Arbeitslosengeld. In diesem Beitrag erklären wir dir verständlich, wie das System der Einkommensteuerklassen funktioniert, welche Klassen es gibt und wann ein Wechsel sinnvoll sein kann.
Was sind Einkommensteuerklassen?
Die Einkommensteuerklasse ist ein Kategorisierungssystem im deutschen Lohnsteuerrecht, das bestimmt, wie viel Lohnsteuer vom Bruttogehalt eines Arbeitnehmers einbehalten wird. Sie berücksichtigt persönliche Lebensumstände wie Familienstand, Anzahl der Kinder und berufliche Situation.
Ziel ist eine möglichst faire Besteuerung bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug.
Die Einkommensteuerklassen gelten nur für nicht selbstständige Arbeitnehmer – also für Angestellte, Arbeiter, Beamte usw.
Übersicht: Die sechs Steuerklassen
Steuerklasse | Für wen geeignet? | Merkmale / Besonderheiten |
---|---|---|
I | Ledige, geschiedene oder verwitwete Personen | Standardklasse für Alleinstehende ohne Kinder |
II | Alleinerziehende mit Kind | Steuerentlastung durch Entlastungsbetrag für Alleinerziehende |
III | Verheiratete mit Partner in Klasse V | Höchster Nettoanteil bei großen Einkommensunterschieden |
IV | Verheiratete mit ähnlichem Einkommen | Beide Ehepartner zahlen nach Grundtarif (wie Klasse I) |
V | Verheiratete mit Partner in Klasse III | Höchster Steuerabzug – meist beim geringer verdienenden Partner |
VI | Bei mehreren Arbeitsverhältnissen | Gilt für den zweiten und jeden weiteren Job – höchste Abzüge |
Steuerklassen für Ledige und Alleinerziehende
Steuerklasse I
- Standard für alleinstehende Arbeitnehmer
- Kein Kinderfreibetrag (außer über Antrag)
- Volle Lohnsteuerbelastung
Steuerklasse II
- Gilt für Alleinerziehende mit mindestens einem Kind
- Entlastungsbetrag: aktuell 4.260 € jährlich
- Antrag über das Finanzamt notwendig (durch ELStAM-Eintrag)
Steuerklassen für Ehepaare / Lebenspartner
Steuerklasse IV / IV
- Automatisch bei Heirat
- Sinnvoll bei ähnlich hohem Einkommen
Steuerklasse III / V
- Bei großen Einkommensunterschieden
- Partner mit höherem Einkommen → Klasse III
- Partner mit geringerem Einkommen → Klasse V
- Vorteil: Mehr Netto für den Hauptverdiener
- Nachteil: Partner in V zahlt besonders hohe Abzüge
💡 Kombination III/V führt oft zu Steuernachzahlung, wenn keine Steuererklärung erfolgt!
Faktorverfahren (Alternative zu III/V)
- Variante der Klasse IV/IV mit „Faktor“ für gerechteren Abzug
- Basiert auf voraussichtlicher gemeinsamer Steuerlast
- Verhindert hohe Nachzahlungen
- Antrag beim Finanzamt erforderlich
Steuerklasse VI – für Nebenjobs
- Muss verwendet werden, wenn du mehrere Jobs gleichzeitig ausübst
- Arbeitgeber mit dem „zweiten“ Job muss dich in Klasse VI anmelden
- Höchster Steuerabzug (kein Grundfreibetrag, keine Freibeträge)
Auswirkungen der Steuerklassenwahl
1. Nettoeinkommen
- Klasse III bringt höchstes monatliches Nettoeinkommen
- Klasse V bringt niedrigstes Nettoeinkommen
2. Sozialleistungen
- Elterngeld, Arbeitslosengeld und Krankengeld orientieren sich am Nettoeinkommen
- Daher ist die richtige Wahl der Steuerklasse bei Familienplanung entscheidend
3. Steuererklärungspflicht
- Bei III/V: Pflicht zur gemeinsamen Steuererklärung
- Bei IV/IV: Keine Pflicht – aber oft sinnvoll
Wann sollte man die Steuerklasse wechseln?
Gründe für einen Wechsel:
- Heirat oder Trennung
- Geburt eines Kindes
- Unterschiedliches Einkommen bei Ehepartnern
- Arbeitsaufnahme oder -verlust
- Wechsel zu Teilzeit / Elternzeit
Ein Wechsel ist einmal jährlich möglich (Frist: bis 30. November für das laufende Jahr). Bei Trennung oder Heirat kann die Änderung sofort erfolgen.
So funktioniert der Steuerklassenwechsel
- Formular „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ herunterladen
- Gemeinsam beim Finanzamt einreichen
- Gilt ab dem Folgemonat oder rückwirkend im Jahr
👉 Seit 2020 ist auch ein Online-Wechsel über ELSTER möglich
Beispielrechnungen
Ehepaar A & B
- A verdient 4.000 €/Monat
- B verdient 1.200 €/Monat
Kombination IV/IV:
- Beide zahlen etwa 600 € bzw. 120 € Lohnsteuer → insgesamt 720 €
Kombination III/V:
- A (Klasse III): zahlt nur ca. 400 €
- B (Klasse V): zahlt ca. 250 €
- Insgesamt: 650 € → Mehr Netto
→ Aber Achtung: eventuelle Steuernachzahlung bei der Jahreserklärung!
Häufige Fehler vermeiden
❌ Steuerklasse III/V ohne Steuererklärung
❌ Klasse II ohne Anspruch auf Entlastungsbetrag
❌ Falsche Einschätzung der Lohnersatzleistungen
❌ Kein rechtzeitiger Wechsel bei Trennung
❌ Zweitjob ohne Angabe – Steuerklasse VI wird automatisch zugewiesen
Häufige Fragen (FAQs)
Welche Steuerklasse ist die beste?
Das hängt von deinen Lebensumständen ab. Ehepaare mit ungleichen Einkommen profitieren meist von III/V, bei ähnlichem Einkommen ist IV/IV oft sinnvoll.
Kann ich meine Steuerklasse wechseln?
Ja – einmal pro Jahr (bis 30.11.) auf Antrag beim Finanzamt.
Was ist der Unterschied zwischen Steuerklasse und Steuerpflicht?
Die Steuerklasse betrifft nur den Lohnsteuerabzug, nicht die tatsächliche Steuerlast – die ergibt sich aus der Steuererklärung.
Welche Steuerklasse bei Elterngeld?
Die Steuerklasse mit dem höchsten Nettoeinkommen sollte sieben Monate vor Mutterschutzbeginn gewählt werden – das erhöht das Elterngeld.
Gilt die Steuerklasse auch für Selbstständige?
Nein – nur für nicht selbstständig Beschäftigte. Selbstständige zahlen Einkommensteuer über Vorauszahlungen.
Fazit: Einkommensteuerklassen – wichtig für dein Nettoeinkommen und deine Steuerlast
Die Einkommensteuerklassen sind ein zentrales Element im deutschen Steuersystem – mit unmittelbaren Auswirkungen auf dein monatliches Nettoeinkommen, Sozialleistungen und mögliche Steuernachzahlungen. Wer seine Steuerklasse kennt und wechselt, kann gezielt sparen, Leistungen optimieren und finanzielle Nachteile vermeiden. Insbesondere verheiratete Paare sollten sich jährlich mit der optimalen Steuerklassenkombination beschäftigen – am besten mit einem Steuerberater oder einer Lohnsteuerhilfe.