Kapitalentnahme

Die Kapitalentnahme beschreibt den Vorgang, bei dem ein zuvor angespartes oder investiertes Kapital ganz oder teilweise entnommen wird – entweder aus betrieblichen, privaten oder versicherungsbasierten Quellen. Diese Entnahme kann planmäßig erfolgen (z. B. im Rahmen einer Auszahlungsstrategie in der Rentenphase) oder außerplanmäßig (z. B. bei Liquiditätsbedarf, Betriebsaufgabe oder Vertragskündigung).

In der Praxis kann Kapitalentnahme verschiedene Bedeutungen haben – je nachdem, aus welchem Kontext sie stammt:

  • Betriebswirtschaftlich: Entnahme von Eigenkapital durch Einzelunternehmer oder Personengesellschafter
  • Steuerlich: Entnahme aus dem Betriebsvermögen, die steuerlich als Privateinlage oder Privatentnahme verbucht wird
  • Altersvorsorge: Auszahlung aus privaten Rentenversicherungen, Riester- oder Rürup-Verträgen, Fonds oder Depots
  • Vermögensverwaltung: Entnahmen aus Investmentfonds, Tagesgeldkonten, Wertpapierdepots etc.

Je nach Quelle der Kapitalentnahme gelten unterschiedliche rechtliche, steuerliche und vertragliche Regelungen. Daher ist eine präzise Analyse essenziell, bevor Kapital entnommen wird – insbesondere im Hinblick auf Steuern, Verlust von Förderungen oder langfristige Versorgungssicherheit.

Formen der Kapitalentnahme

Die Kapitalentnahme kann in unterschiedlicher Form und Intensität erfolgen:

1. Einmalige Kapitalentnahme

Dies ist die klassische Form der Kapitalauszahlung, bei der ein Vertrag oder Vermögenswert vollständig aufgelöst wird. Beispiele:

  • Auszahlung einer Lebensversicherung nach Ablauf
  • Auflösung eines Sparvertrags oder Fondsdepots
  • Rückkauf privater Rentenversicherungen
  • Auszahlung einer Abfindung bei Betriebsaufgabe

Vorteil: Schnelle Liquidität, freie Verfügung über das Kapital
Nachteil: Eventuelle Steuerbelastung, Verlust von Zinseszins-Effekten oder lebenslanger Rentenzahlung

2. Teilweise Kapitalentnahme

Hier wird nur ein Teil des vorhandenen Kapitals entnommen, der Rest bleibt weiterhin investiert oder verzinst. Beispiele:

  • Teilauszahlung aus einem ETF-Depot
  • 30 % Kapitalauszahlung bei Riester- oder Rürup-Verträgen (gesetzlich möglich)
  • Teilverkäufe von Aktien, Fonds oder Edelmetallen

Vorteil: Erhalt der Vermögensbasis, flexible Nutzung
Nachteil: Risiko der „Salamitaktik“, mögliche Gebühren oder Kursverluste

3. Regelmäßige Entnahmen (Entnahmeplan)

Viele Anleger und Ruheständler entscheiden sich für systematische Entnahmen, etwa in monatlicher oder vierteljährlicher Form. Besonders verbreitet:

  • Auszahlungspläne aus Investmentfonds
  • Entnahmepläne bei Banksparplänen
  • Vertragsmodelle bei privaten Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht

Vorteil: Planbare Einnahmen, ideal für Ruhestand
Nachteil: Risiko der Kapitalerschöpfung bei zu hoher Entnahme oder Marktschwankungen

4. Notentnahme / Sonderentnahme

Diese Form ist oft ungeplant und erfolgt aus einem dringenden Liquiditätsbedarf – etwa durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit oder größere Investitionen.

Wird Kapital voreilig entnommen, kann dies tiefgreifende Folgen haben:

  • Verlust von Förderungen (z. B. bei Riester-Verträgen)
  • Steuernachzahlungen
  • Vertragskündigungen oder Rückkaufswert-Minderungen
  • Langfristige Versorgungslücken

Kapitalentnahme in verschiedenen Lebensphasen

Die Entscheidung zur Kapitalentnahme fällt häufig in einem konkreten Lebenskontext:

In der Erwerbsphase

Während der Erwerbstätigkeit dient Kapitalentnahme meist kurzfristigen Zielen, etwa:

  • Kauf eines Autos, Finanzierung von Ausbildungen, Umschuldung
  • Selbstständige: Entnahme aus Betriebsvermögen als Lebensunterhalt
  • Zwischenfinanzierungen oder Umschichtungen von Vermögenswerten

In der Rentenphase

Hier dient Kapitalentnahme regelmäßig der Finanzierung des Lebensunterhalts:

  • Alternative oder Ergänzung zur gesetzlichen Rente
  • Teilkapitalisierung von Versicherungsverträgen
  • Auszahlung von Fonds zur Deckung fixer Kosten (Miete, Pflege, Reisen etc.)
  • Entnahmepläne zur gezielten Reduzierung des Vermögens („Kapitalverzehrstrategie“)

In besonderen Lebenslagen

Kapitalentnahmen können notwendig werden bei:

  • Berufsunfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit
  • Familiengründung oder Scheidung
  • Todesfall (Entnahme durch Erben)
  • Immobilienerwerb oder Erbschaftsauseinandersetzung

Je nach Lebensphase sind andere Regelungen, Risiken und Chancen mit der Entnahme verbunden. Deshalb sollte jede Kapitalentnahme gut vorbereitet, steuerlich begleitet und strategisch eingebettet sein.

Juristischer und steuerlicher Rahmen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen hängen stark von der Art des Vermögens und der Vertragsgestaltung ab. Besonders relevant:

  • Steuerrecht: Ertragsanteilsbesteuerung (bei Renten), Abgeltungsteuer (bei Kapitalerträgen), nachgelagerte Besteuerung (z. B. bei Riester, Rürup)
  • Versicherungsvertragsrecht: Kündigungsfristen, Rückkaufswerte, Rentenwahlrechte
  • Erbschaftsrecht: Kapitalentnahme durch Erben unterliegt ggf. der Erbschaftsteuer
  • Sozialrecht: Kapitalentnahme kann bei bestimmten Förderungen oder Sozialleistungen angerechnet werden

Wer Kapital entnimmt, muss sich über die steuerlichen Konsequenzen im Klaren sein: Eine einmalige Auszahlung ist oft steuerlich nachteilig, während sich eine Entnahme in mehreren Etappen günstiger gestalten lässt – insbesondere bei progressivem Steuertarif.


Kapitalentnahme aus Lebensversicherungen

Eine der häufigsten Formen der Kapitalentnahme im privaten Bereich ist die Auszahlung einer Lebensversicherung. Hier unterscheidet man zwischen:

  • Kapitallebensversicherung: Auszahlung des gesamten Vertragswertes nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit oder bei Kündigung
  • Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht: Möglichkeit, sich statt einer monatlichen Rente das Kapital ganz oder teilweise auszahlen zu lassen

Die Kapitalentnahme bei Lebensversicherungen unterliegt bestimmten steuerlichen Regelungen:

  • Wurde der Vertrag vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen und bestimmte Kriterien erfüllt, ist die Auszahlung steuerfrei.
  • Bei Neuverträgen ab 2005 gilt: Nur die Hälfte der Erträge ist steuerpflichtig, wenn der Vertrag mindestens 12 Jahre lief und die Auszahlung nach dem 62. Lebensjahr erfolgt.
  • Bei Kündigungen oder vorzeitiger Kapitalentnahme kann die Abgeltungsteuer (25 % zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer) auf den Ertrag anfallen.

Hinweis: Der Ertrag ist der Unterschied zwischen Auszahlungssumme und eingezahlten Beiträgen. Nicht das gesamte Kapital wird besteuert.

Kapitalentnahme aus Riester- und Rürup-Verträgen

Beide staatlich geförderten Altersvorsorgeformen sehen primär eine lebenslange Rentenzahlung vor. Eine Kapitalentnahme ist hier nur begrenzt möglich:

  • Riester-Vertrag: Zum Rentenbeginn dürfen bis zu 30 % des Kapitals entnommen werden – die übrigen 70 % müssen in eine lebenslange Leibrente fließen. Bei vollständiger Kapitalauszahlung droht der Verlust aller Zulagen und Steuervorteile („Förderschädlichkeit“).
  • Rürup-Vertrag (Basisrente): Hier ist keine Kapitalentnahme möglich – weder ganz noch teilweise. Das Kapital ist nicht vererbbar, nicht veräußerbar, nicht kapitalisierbar. Ausnahme: Rückerstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge oder Leistungen bei Tod vor Rentenbeginn (nur eingeschränkt möglich).

Kapitalentnahme aus privaten Rentenversicherungen

Bei nicht staatlich geförderten privaten Rentenversicherungen haben Versicherte mit Kapitalwahlrecht die Möglichkeit, sich das angesparte Kapital auszahlen zu lassen – anstelle einer lebenslangen Rente.

Vorteil: Flexible Verwendung, Sofortliquidität
Nachteil: Verlust des Rentenanspruchs, evtl. Steuernachteil durch Einmalbesteuerung

Steuerlich relevant ist auch hier die Unterscheidung:

  • Verträge vor 2005: in vielen Fällen steuerfrei
  • Verträge ab 2005: 50 % der Erträge steuerpflichtig, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind

Wird die Kapitalentnahme nicht in einer Summe, sondern ratenweise durchgeführt, kann dies zu einer besseren Verteilung der Steuerlast führen.

Kapitalentnahme aus Investmentfonds und Depots

Anleger, die ihr Kapital in ETFs, Aktien oder Fonds angelegt haben, können jederzeit Kapital entnehmen, indem sie:

  • Fondsanteile veräußern
  • Einzelauszahlungen aus einem Auszahlplan tätigen
  • automatische Entnahmepläne bei der Depotbank einrichten

Hier greifen die Abgeltungsteuer, ggf. Freibeträge (801 €/1.602 € bei Zusammenveranlagung), die Teilfreistellung bei Fonds sowie ggf. die Vorabpauschale.

Ein häufiger Fehler ist es, Kapital „auf Verdacht“ zu entnehmen, ohne sich über die steuerlichen Konsequenzen im Klaren zu sein. Beispiel: Wer in einem schlechten Börsenjahr entnimmt, realisiert Verluste oder niedrige Gewinne – während bei besserem Timing ein steueroptimierter Zugriff möglich gewesen wäre.

Tipp: Eine kluge Entnahmestrategie berücksichtigt auch die Haltedauer, etwa zur Vermeidung der Spekulationssteuer bei Immobilien oder zur optimalen Nutzung der Fifo-Methode (first in, first out) bei Fondsanteilen.

Sonderfall: Kapitalentnahme bei Betriebsvermögen

Für Selbstständige, Freiberufler oder Unternehmer ist die Kapitalentnahme auch ein bilanzielles Thema:

  • Entnahmen mindern das Eigenkapital des Unternehmens
  • Es dürfen keine Betriebsausgaben für private Zwecke geltend gemacht werden
  • Private Entnahmen müssen in der Buchhaltung gesondert aufgeführt werden
  • Geld-, Sach- oder Nutzungsentnahmen sind steuerlich unterschiedlich zu behandeln

Eine verdeckte Entnahme kann problematisch sein, etwa bei fehlender ordnungsgemäßer Buchführung. Hier drohen steuerliche Nachforderungen oder sogar rechtliche Konsequenzen.

Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Kapitalentnahme

Wer Kapital entnehmen möchte, sollte verschiedene Steueraspekte berücksichtigen:

Progressionsausgleich

Bei größeren Einmalentnahmen kann es sinnvoll sein, diese über mehrere Jahre zu strecken, um die Steuerprogression zu glätten. Beispiel:

  • Statt 100.000 € auf einmal zu entnehmen, könnte man über 4 Jahre je 25.000 € realisieren
  • Dies reduziert die Spitzenbelastung und nutzt ggf. den Grundfreibetrag jährlich neu aus

Nutzung von Verlustverrechnungstöpfen

Kapitalentnahmen aus Fonds oder Aktien können mit Verlusten aus Vorjahren oder aus anderen Anlageklassen (z. B. Aktiengewinne mit Aktienverlusten) verrechnet werden. Die Nutzung dieser steuerlichen Gestaltungsspielräume erfordert jedoch detaillierte Dokumentation und ggf. steuerliche Beratung.

Strategischer Einsatz von Freibeträgen

Auch bei Entnahmen aus Bankkonten oder Depots können Freibeträge (Sparerpauschbetrag, Grundfreibetrag, Pflegepauschbetrag etc.) gezielt genutzt werden. Wer Kapital systematisch entnimmt, kann so den steuerpflichtigen Anteil gezielt minimieren.

Ehegattensplitting und gemeinsame Veranlagung

Bei gemeinsam veranlagten Ehepaaren lohnt es sich, Kapitalentnahmen so zu strukturieren, dass der Splittingtarif optimal ausgenutzt wird – etwa durch gezielte Entnahmeverteilung oder gemeinsame Depotführung.

Auswirkungen auf Sozialleistungen und Förderungen

Kapitalentnahmen können Einfluss auf folgende Bereiche haben:

  • Grundsicherung im Alter: Entnommenes Kapital kann als anrechenbares Vermögen gelten und Leistungen mindern
  • Pflegegradleistungen: Kapitalentnahme kann als Einkommen gewertet werden
  • BAföG oder Wohngeld: Entnommenes Kapital kann zu Leistungskürzungen führen
  • Elterngeld: Einmalige Kapitalerträge beeinflussen die Einkommenshöhe

Wer Leistungen vom Staat bezieht oder plant, sollte Kapitalentnahmen vorher prüfen lassen, um Förderverlusten oder Rückforderungen vorzubeugen.


Ruhestand bedeutet: Zeit für Auszahlungen

Mit Eintritt in die Rentenphase stellen sich viele Menschen die Frage: Wie nutze ich mein angespartes Kapital am besten? Soll ich es auf einmal entnehmen? Monatlich? Jährlich? Oder lasse ich es lieber im Vertrag ruhen und nutze nur die Zinsen? Die Antworten darauf sind komplex – denn Kapitalentnahme im Alter will strategisch geplant sein.

Unabhängig davon, ob das Kapital aus einer Versicherung, einem Fondsdepot oder einem privaten Sparkonto stammt: Wer in der Nachansparphase (auch Auszahlungsphase genannt) ist, muss nicht nur die finanzielle Sicherheit, sondern auch steuerliche, vertragliche und psychologische Faktoren berücksichtigen. Schließlich geht es oft darum, mit dem verfügbaren Vermögen ein Leben lang auszukommen – und dabei flexibel zu bleiben.

Der Kapitalverzehr: eine gängige Entnahmestrategie

Beim sogenannten Kapitalverzehr wird das Vermögen gezielt über einen definierten Zeitraum aufgebraucht. Diese Methode eignet sich besonders für Menschen, die keine lebenslange Rente wünschen oder diese ergänzen möchten. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Hohe Planbarkeit: Man kann die monatliche Entnahme im Voraus festlegen.
  • Flexibilität: In Notfällen kann mehr Kapital entnommen werden.
  • Vererbbarkeit: Nicht entnommenes Kapital bleibt im Todesfall für die Erben erhalten.

Aber: Der Kapitalverzehr birgt auch Risiken. Insbesondere die Langlebigkeit kann zur finanziellen Herausforderung werden. Wer seine Lebenserwartung unterschätzt oder zu hohe Entnahmen plant, kann in späten Jahren auf staatliche Grundsicherung angewiesen sein.

Beispiel: Ein 65-Jähriger verfügt über 300.000 €. Er plant eine monatliche Entnahme von 1.500 €. Ohne Verzinsung wäre das Kapital nach 200 Monaten – also etwa 16,5 Jahren – aufgebraucht. Lebt er länger, fehlt die finanzielle Basis.

Die lebenslange Rente: Sicherheit für die Zukunft

Eine Alternative zum Kapitalverzehr ist die lebenslange Verrentung. Diese Methode wird typischerweise durch Versicherungen angeboten – zum Beispiel über eine private Rentenversicherung oder über Riester/Rürup-Verträge. Hierbei wird das Kapital gegen eine garantierte, regelmäßige Zahlung eingetauscht, die bis zum Lebensende fließt.

Vorteile der Verrentung:

  • Lebenslange Versorgungssicherheit
  • Keine Sorge vor Kapitalerschöpfung
  • Möglichkeit von Hinterbliebenenschutz und Rentengarantiezeiten

Allerdings ist das Kapital im Gegenzug „verbraucht“ – es steht nicht mehr zur freien Verfügung und kann im Todesfall (sofern keine Zusatzbausteine vereinbart wurden) nicht vererbt werden. Zudem wirken sich Gesundheitszustand und Geschlecht auf die Höhe der monatlichen Rente aus.

Mischstrategien: Kombination aus Kapitalverzehr und Rente

Viele Ruheständler entscheiden sich bewusst für eine Kombination aus einmaliger Kapitalentnahme, einem Entnahmeplan (z. B. aus Fonds) und einer lebenslangen Rente. Diese Strategie verbindet die Vorteile beider Welten:

  • Ein Teil des Kapitals wird verrentet (für eine sichere Grundversorgung)
  • Ein weiterer Teil bleibt flexibel verfügbar (für Sonderausgaben, Reisen, Pflegekosten etc.)

Solche Mischmodelle sind besonders bei höheren Vermögen sinnvoll, aber auch für Menschen mit stark unterschiedlichen Ausgabenverläufen im Alter – z. B. hohem Reisebedarf zu Beginn des Ruhestands und erhöhtem Pflegebedarf im späteren Alter.

Psychologische Aspekte: Angst vor Kapitalverlust

Die Entscheidung, wann und wie Kapital entnommen wird, ist nicht nur eine mathematische. Auch psychologische Faktoren spielen eine Rolle. Viele Menschen empfinden es als unangenehm, „ihres“ Vermögensstamms anzutasten – obwohl es genau dafür angespart wurde. Diese emotionale Hürde kann zu irrationalen Entscheidungen führen:

  • Verzicht auf notwendige Ausgaben (z. B. medizinische Versorgung)
  • Unzureichende Nutzung der eigenen Lebensqualität im Ruhestand
  • Übermäßige Sparsamkeit trotz ausreichender Mittel

Hier hilft es, eine klare Strategie zu entwickeln – am besten gemeinsam mit einem Finanzberater oder Ruhestandsplaner –, die das Sicherheitsbedürfnis mit der Lebensfreude in Einklang bringt.

Finanzielle Risiken: Inflation, Börsenverluste und Lebensdauer

Wer Kapital entnimmt, muss sich der folgenden Risiken bewusst sein:

  1. Langlebigkeit: Wer älter wird als geplant, braucht mehr Kapital.
  2. Inflation: Die Kaufkraft des Geldes sinkt über die Jahre – eine konstante Entnahmehöhe reicht irgendwann nicht mehr aus.
  3. Kapitalmarktrisiken: Wer sein Kapital in Fonds oder Aktien investiert lässt, kann durch Börsencrashs Verluste erleiden – und dennoch weiterhin entnehmen müssen.
  4. Pflegekosten: Diese sind schwer planbar und können plötzlich hohe Entnahmen erforderlich machen.

Eine gute Entnahmestrategie sollte all diese Risiken berücksichtigen – entweder durch Sicherheitsbausteine (z. B. Rücklagen, Pflegeversicherung, garantierte Rentenbausteine) oder durch regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Entnahmeplans.

Typische Fehler vermeiden

Wer seine Kapitalentnahme ohne Plan angeht, macht häufig folgende Fehler:

  • Zu hohe Anfangsentnahmen: Oft ist man in den ersten Jahren des Ruhestands besonders aktiv – Reisen, Hobbys, Umbauten. Wer hier zu viel entnimmt, gefährdet die langfristige Versorgung.
  • Keine Steuerplanung: Einmalige hohe Entnahmen können zu Progressionsnachteilen führen.
  • Unklare Lebensdauerannahmen: Viele unterschätzen ihre Lebenserwartung deutlich – was zu frühzeitigem Kapitalverzehr führt.
  • Keine Absicherung für Pflege: Wer im Alter pflegebedürftig wird, braucht oft erhebliche finanzielle Mittel – Entnahmen müssen dann höher und planbar sein.

Kapitalentnahme kann staatliche Leistungen beeinflussen

Wer im Ruhestand Kapital entnimmt, denkt oft primär an seine eigene Versorgung, weniger jedoch an die möglichen Auswirkungen auf staatliche Unterstützungsleistungen. Doch genau hier liegt ein entscheidender Punkt: Denn Kapitalentnahmen können – je nach Höhe, Zeitpunkt und Herkunft des Kapitals – erhebliche Effekte auf Sozialleistungen und die steuerliche Situation haben.

Besonders relevant wird dies für Personen mit geringem Einkommen, die ergänzende Leistungen beziehen (oder zukünftig beanspruchen könnten), etwa:

  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Wohngeld
  • BAföG oder Elterngeld bei nachrückenden Familienangehörigen
  • Pflegeleistungen
  • Elternunabhängige Sozialhilfe oder Eingliederungshilfe

Viele Betroffene wissen nicht: Selbst wenn das Kapital ursprünglich aus einer privaten Quelle stammt, kann dessen Entnahme – und vor allem die daraus resultierende Liquidität – die Anspruchsgrundlage auf Leistungen mindern oder ganz aufheben.

Grundsicherung im Alter: Wie Kapitalentnahme angerechnet wird

Ein klassisches Beispiel ist die Grundsicherung im Alter, die Menschen mit niedriger gesetzlicher Rente erhalten können. Sie soll den grundlegenden Lebensunterhalt sicherstellen – inklusive Unterkunft und Heizung. Doch: Wer über verwertbares Vermögen oder regelmäßige Zuflüsse verfügt, verliert den Anspruch oder erhält gekürzte Leistungen.

Kapitalentnahmen zählen dabei in vielen Fällen als Einkommen, insbesondere wenn sie regelmäßig erfolgen – etwa in Form eines monatlichen Entnahmeplans. Einmalige hohe Entnahmen werden hingegen oft als Vermögen gewertet. Der Unterschied ist entscheidend:

  • Einkommen wird auf den Monat des Zuflusses angerechnet und mindert den Leistungsanspruch.
  • Vermögen wird bei Antragstellung geprüft – sobald Freibeträge überschritten sind, besteht kein Anspruch.

Tipp: Es kann sinnvoll sein, Kapital zunächst in nicht anrechenbare Formen zu überführen (z. B. selbstgenutzte Immobilie, Pflegezusatzversicherung), um den Anspruch auf Grundsicherung zu wahren.

Elterngeld, BAföG & Co: Kapitalentnahme auch bei Angehörigen relevant

Nicht nur Senioren betrifft die Kapitalentnahme – auch jüngere Angehörige, etwa Kinder oder Enkel, können davon mittelbar betroffen sein. So wird z. B. beim BAföG der Elternunterhalt berücksichtigt – auch, wenn dieser aus einer Kapitalentnahme stammt. Wer also einem studierenden Kind regelmäßig Beträge aus dem eigenen Vermögen überweist, kann damit dessen Anspruch auf BAföG gefährden.

Ähnlich sieht es beim Elterngeld aus: Dieses orientiert sich am durchschnittlichen Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor Geburt – allerdings zählt Einkommen aus Kapitalvermögen in der Regel nicht dazu. Dennoch: Wenn Eltern selbstständig sind und Kapital entnehmen (z. B. aus einer GmbH oder aus betrieblichen Rücklagen), kann dies das Elterngeld indirekt beeinflussen, etwa über steuerliche Gestaltung oder Betriebsgewinne.

Kapitalentnahme und steuerliche Auswirkungen: Progression beachten!

Ein entscheidender Aspekt der Kapitalentnahme ist ihre steuerliche Behandlung. Denn: Je nachdem, wie viel Kapital in welchem Jahr entnommen wird – und aus welcher Quelle –, kann sich das zu versteuernde Einkommen stark verändern.

Dabei sind folgende Grundprinzipien relevant:

  1. Progressionswirkung: Je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz – besonders bei Einmalentnahmen kann es zu unangenehmen Überraschungen kommen.
  2. Versteuerung von Kapitalerträgen: Zinsen, Dividenden, Kursgewinne – sie unterliegen der Abgeltungsteuer (25 % zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer), es sei denn, der persönliche Steuersatz liegt darunter (Günstigerprüfung).
  3. Verrentung versus Entnahmeplan: Bei der lebenslangen Verrentung wird nur der sogenannte Ertragsanteil versteuert – dieser ist abhängig vom Alter bei Rentenbeginn und fällt meist geringer aus als die volle Versteuerung von Kapitalentnahmen.

Beispiel: Eine Einmalentnahme von 100.000 € zur Renovierung eines Hauses erhöht das zu versteuernde Einkommen im betreffenden Jahr deutlich. Wenn dadurch der persönliche Steuersatz von 22 % auf 32 % steigt, werden fast 10.000 € zusätzlich an das Finanzamt gezahlt – ein vermeidbarer Effekt bei besserem Timing.

Steueroptimierung durch Entnahme-Timing

Wer Kapitalentnahmen vorausschauend plant, kann durch geschicktes Timing steuerliche Vorteile erzielen. Dazu zählen etwa:

  • Verteilung über mehrere Jahre: Statt 100.000 € auf einmal zu entnehmen, besser je 25.000 € über vier Jahre.
  • Nutzung niedriger Einkommen in Übergangsjahren: Etwa zwischen Renteneintritt und Beginn der gesetzlichen Rente oder zwischen Erwerbsaufgabe und Rentenbeginn.
  • Ausnutzung von Grundfreibeträgen: Jedes Jahr steht jedem Steuerpflichtigen ein steuerfreier Grundfreibetrag zu (2025: ca. 11.600 €). Bei gemeinsam veranlagten Ehepaaren sind es über 23.000 €. Wer unter dieser Grenze bleibt, zahlt keine Einkommensteuer.
  • Freibeträge für Kapitalerträge: Der Sparer-Pauschbetrag liegt aktuell bei 1.000 € pro Person. Ehepaare profitieren vom doppelten Betrag.

Diese Maßnahmen wirken besonders stark in der Kombination. Wer z. B. während einer rentenfreien Übergangsphase geringe Einkünfte erzielt, kann größere Kapitalentnahmen realisieren – bei gleichzeitig minimalem Steuersatz.

Entnahmen aus verschiedenen Quellen: Unterschiedliche steuerliche Behandlung

Nicht jedes Kapital wird steuerlich gleich behandelt. Die steuerliche Belastung hängt davon ab, ob es sich um:

  • Private Kapitalanlagen handelt (z. B. Aktien, Fonds, Sparbuch)
  • Versicherungsverträge (Rentenversicherung, Lebensversicherung)
  • Betriebsvermögen (GmbH-Anteile, Firmenwert etc.)
  • oder Riester-/Rürup-Verträge handelt

Bei Rürup-Renten gilt: Auszahlungen unterliegen in der Auszahlungsphase der nachgelagerten Besteuerung – im Jahr 2025 z. B. zu 85 %, in späteren Jahren bis zu 100 %. Bei Riester-Verträgen ist die vollständige Versteuerung Pflicht, hinzu kommt ggf. eine Rückzahlung der Zulagen bei nicht zweckgemäßer Verwendung.

Bei Kapital-Lebensversicherungen kommt es auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und die Haltedauer an: Verträge, die vor 2005 geschlossen wurden und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sind ggf. steuerfrei. Neuere Verträge müssen zur Hälfte oder voll versteuert werden – abhängig von der Auszahlungsart.


Strategische Planung der Kapitalentnahme: Was gilt es zu beachten?

Die Kapitalentnahme kann sich zu einem mächtigen Instrument entwickeln – oder zur finanziellen Falle, wenn sie unüberlegt erfolgt. Daher sollte jede Kapitalentnahme wohlüberlegt, gut dokumentiert und abgestimmt mit den persönlichen Lebenszielen erfolgen. Eine zentrale Frage ist: Wie viel Kapital soll zu welchem Zeitpunkt entnommen werden? Die richtige Antwort hängt unter anderem von der Lebenserwartung, dem Kapitalstock, dem individuellen Ausgabeverhalten und der Risikobereitschaft ab.

Ein bewährtes Prinzip lautet: Zunächst festlegen, welche Basisabsicherung durch andere Einkommensquellen besteht – etwa durch gesetzliche Rente, Miet- oder Pachteinnahmen, Betriebsrenten oder Erwerbseinkommen. Die Kapitalentnahme dient dann als Ergänzung für flexible Wünsche, unerwartete Ausgaben oder zur Absicherung langer Ruhestandsphasen. Eine regelmäßige Anpassung der Entnahmestrategie an die tatsächliche Lebenssituation und Kapitalentwicklung ist unerlässlich.

Kombination von Entnahmeformen: Einmalbetrag und monatliche Zahlung

Viele Sparer stehen vor der Wahl: Soll ich mein Kapital auf einmal entnehmen oder lieber in kleinen Raten auszahlen lassen? Die Antwort muss nicht „entweder oder“ lauten – sondern kann „sowohl als auch“ sein. Eine beliebte Variante ist die gestaffelte Entnahme, die aus einer größeren Einmalzahlung zu Rentenbeginn (z. B. zur Schuldentilgung, Renovierung, Reisewunsch) und einer darauffolgenden monatlichen Kapitalverzehrphase besteht.

Einige Versicherungsprodukte und Entnahmepläne bieten sogar flexible Modelle, bei denen sich Entnahmehöhe und -zeitpunkt anpassen lassen. Wer z. B. anfangs mehr benötigt und später weniger – oder umgekehrt –, kann dies berücksichtigen. Wichtig: Entnahmemodelle sollten nicht starr, sondern anpassungsfähig an gesundheitliche, familiäre oder wirtschaftliche Veränderungen sein.

Kapitalentnahme und Nachfolgeplanung: Was bleibt für die Erben?

Kapitalentnahme betrifft nicht nur den Ruheständler selbst, sondern auch potenzielle Erben. Wer zu viel oder zu früh entnimmt, riskiert, dass zum Lebensende keine Substanz mehr für die Nachkommen übrig bleibt. Gleichzeitig kann eine durchdachte Entnahme dafür sorgen, dass bereits zu Lebzeiten sinnvolle Vermögensübertragungen erfolgen, etwa durch Schenkungen oder lebzeitige Zuwendungen.

Gerade bei größeren Vermögen sollte die Kapitalentnahme in die Nachfolgeplanung eingebettet sein – inklusive Erbschaftssteuer-Strategie. Wer sein Vermögen sinnvoll strukturieren möchte, sollte daher frühzeitig mit Experten wie Fachanwälten für Erbrecht oder Steuerberatern zusammenarbeiten. Auch Nießbrauchslösungen, Übertragungen mit Rückbehalt, Testamente oder Vorsorgevollmachten spielen hier eine Rolle.

Zusammenfassung: Kapital gezielt nutzen, statt aufbrauchen

Die Kapitalentnahme ist kein „Entweder-oder“-Modell, sondern ein individuell planbares Instrument zur Lebensfinanzierung. Sie eröffnet Chancen, birgt aber auch Risiken. Wer die Entnahme strategisch plant, flexibel hält und steuerlich optimiert, kann im Ruhestand sicherer und entspannter leben. Ein kluger Mix aus finanzieller Freiheit und Vorsicht bildet dabei das Fundament – für den eigenen Lebensabend ebenso wie für die nachfolgende Generation.


FAQ: Häufige Fragen zur Kapitalentnahme

Was ist eine Kapitalentnahme?
Eine Kapitalentnahme ist die Auszahlung eines Geldbetrags aus einem angesparten Kapitalstock – etwa aus Lebensversicherungen, privaten Renten oder Investmentdepots. Sie kann einmalig oder laufend erfolgen.

Ist die Kapitalentnahme steuerpflichtig?
Ja, je nach Herkunft des Kapitals (z. B. fondsgebundene Versicherung, Riester-/Rürup-Rente, Depot) kann eine Kapitalentnahme zu Besteuerung führen – z. B. durch Abgeltungsteuer, Einkommensteuer oder nachgelagerte Besteuerung.

Wie lange sollte eine Kapitalentnahme reichen?
Das hängt vom Kapitalbetrag, dem Lebensstil, der Lebenserwartung und der Entnahmestrategie ab. Faustregel: Das Kapital sollte möglichst bis zum 90. Lebensjahr reichen – ggf. mit Sicherheitsmarge.

Was ist besser: Kapitalentnahme oder monatliche Rente?
Das hängt vom Sicherheitsbedürfnis und der Flexibilität ab. Eine monatliche Rente bietet planbare Einkünfte, Kapitalentnahme dagegen mehr Freiheit – aber auch mehr Verantwortung.

Kann ich trotz Kapitalentnahme staatliche Leistungen erhalten?
Teilweise ja – aber die Kapitalentnahme kann sich auf Grundsicherung, Wohngeld oder andere bedarfsabhängige Leistungen auswirken. Eine Beratung kann helfen, Konflikte zu vermeiden.