Lohnfortzahlung

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist ein zentrales arbeitsrechtliches Instrument, das Arbeitnehmer*innen in Deutschland gegen finanzielle Einbußen bei krankheitsbedingtem Arbeitsausfall absichert. Sie verpflichtet den Arbeitgeber, für eine bestimmte Zeit weiterhin das Gehalt zu zahlen, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird. Dieses Prinzip trägt zur sozialen Sicherheit bei, stärkt das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und stellt sicher, dass Krankheit nicht unmittelbar zu existenziellen Einkommensverlusten führt.

Gesetzliche Grundlage der Lohnfortzahlung

Die gesetzliche Regelung zur Lohnfortzahlung findet sich im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), das am 1. Juni 1994 in Kraft getreten ist. Es konkretisiert die Ansprüche von Arbeitnehmern bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit. Das Gesetz gilt grundsätzlich für alle abhängig Beschäftigten, unabhängig von Branche oder Unternehmensgröße, sofern ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

Gemäß § 3 EntgFG ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Gehalt bis zu sechs Wochen (42 Kalendertage) fortzuzahlen, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit verursacht wurde und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Nach dieser Frist greift in der Regel das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ziel der Regelung: Soziale Absicherung bei Krankheit

Die Lohnfortzahlung dient in erster Linie dem Schutz der wirtschaftlichen Existenz von Beschäftigten. Krankheit soll nicht automatisch zu finanzieller Notlage führen. Darüber hinaus soll sie verhindern, dass erkrankte Arbeitnehmer zu früh zur Arbeit zurückkehren – etwa aus Angst vor Einkommensverlusten – und dadurch ihre Gesundheit oder die anderer gefährden.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass der gesetzlich verankerte Anspruch auf Entgeltfortzahlung einen stabilisierenden Effekt auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. Studien deuten darauf hin, dass Beschäftigte sich mit einem solchen sozialen Schutz eher dem Unternehmen verbunden fühlen, was wiederum Fluktuation und Fehlzeiten senken kann.

Wer hat Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Die Lohnfortzahlung steht grundsätzlich allen Arbeitnehmern, Auszubildenden, Praktikanten und in bestimmten Fällen auch Teilzeitkräften oder Minijobbern zu. Entscheidend ist, dass es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Selbstständige, Freiberufler oder Werkvertragsnehmer sind hingegen nicht vom Entgeltfortzahlungsgesetz erfasst.

Wichtig: Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Beschäftigung im Betrieb (§ 3 Abs. 3 EntgFG). Wer innerhalb der ersten vier Wochen der Beschäftigung krank wird, hat in dieser Zeit noch keinen gesetzlichen Anspruch – in diesem Fall greift direkt das Krankengeld der Krankenkasse, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung

Die häufigsten Irrtümer rund um die Lohnfortzahlung betreffen die konkreten Voraussetzungen. Damit der Anspruch besteht, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein:

  1. Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit: Die Krankheit muss dazu führen, dass der oder die Beschäftigte nicht in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuüben.
  2. Kein Eigenverschulden: Die Erkrankung darf nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt worden sein – etwa durch alkoholbedingte Schlägereien oder riskanten Drogenkonsum. Sportverletzungen oder Freizeitunfälle gelten hingegen in der Regel nicht als selbstverschuldet.
  3. Ordnungsgemäße Krankmeldung: Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Spätestens ab dem vierten Kalendertag der Krankheit ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erforderlich – tarifliche oder arbeitsvertragliche Regelungen können eine frühere Vorlagepflicht vorsehen.
  4. Keine Ausschlussgründe: Wer zum Beispiel die gleiche Krankheit innerhalb von sechs Monaten erneut bekommt oder während der Kündigungsfrist erkrankt, hat unter Umständen nur einen eingeschränkten Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Lohnfortzahlung bei wiederholter Krankheit

Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass sich mit jeder neuen Erkrankung automatisch ein neuer sechswöchiger Anspruch ergibt. Das stimmt nur dann, wenn es sich um eine neue, eigenständige Erkrankung handelt. Bei derselben Krankheit, die innerhalb von sechs Monaten nach einer vorangegangenen Erkrankung erneut zur Arbeitsunfähigkeit führt, besteht kein neuer voller Anspruch auf Lohnfortzahlung – die frühere Fehlzeit wird angerechnet.

Anders sieht es aus, wenn zwischen den beiden Phasen der Arbeitsunfähigkeit eine vollständige Genesung vorlag und mindestens sechs Monate vergangen sind. Dann beginnt ein neuer Anspruchszeitraum.

Höhe der Lohnfortzahlung

Die Höhe der Lohnfortzahlung entspricht dem regelmäßigen Arbeitsentgelt, das der oder die Beschäftigte ohne Arbeitsunfähigkeit erhalten hätte. Dazu gehören neben dem Grundgehalt auch Zulagen, Schichtzuschläge, Prämien und gegebenenfalls Sachleistungen, soweit diese zum regelmäßigen Entgelt zählen. Überstundenvergütung hingegen wird nicht in jedem Fall berücksichtigt – insbesondere dann nicht, wenn sie nicht regelmäßig geleistet wurde.

Auch tarifvertragliche oder betriebliche Sonderregelungen können greifen, etwa wenn der Arbeitgeber zusätzliche Leistungen zusagt oder der Entgeltfortzahlungszeitraum verlängert wird.


Lohnfortzahlung während der Kündigungsfrist

Ein besonders sensibler Bereich in der arbeitsrechtlichen Praxis ist die Frage nach der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall während einer laufenden Kündigungsfrist. Grundsätzlich gilt: Auch wenn ein Arbeitsverhältnis bereits gekündigt wurde – sei es durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber –, bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vollumfänglich bestehen. Voraussetzung ist, dass die Erkrankung nicht erst nach dem Zugang der Kündigung eintritt und nicht durch die Kündigung selbst verursacht wurde.

Entscheidend ist, ob die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich krankheitsbedingt ist – und nicht etwa eine Reaktion auf die Kündigung (Stichwort: „Kündigungskrankheit“). Die Arbeitsgerichte prüfen in solchen Fällen mit besonderer Sorgfalt, ob die Krankschreibung glaubhaft ist. Wird etwa ein Attest exakt auf den Tag der Kündigung datiert und liegt keine nachvollziehbare Krankheitsgeschichte vor, kann das die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen.

Ein weiterer Punkt: Die Lohnfortzahlung endet automatisch mit Ablauf des Arbeitsverhältnisses, selbst wenn die sechswöchige Frist noch nicht ausgeschöpft ist. Ein Anspruch auf Fortzahlung über das Vertragsende hinaus besteht nicht – ab diesem Zeitpunkt springt ggf. das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse ein, sofern Versicherungspflicht besteht und eine entsprechende Krankschreibung vorliegt.

Lohnfortzahlung in der Probezeit

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, in der Probezeit keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu haben. Doch das ist ein Missverständnis. Das Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 3 Abs. 3 EntgFG) formuliert eine klare Bedingung: Der Anspruch besteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob man sich in der Probezeit befindet oder nicht.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer beispielsweise in der zweiten Woche seiner Probezeit krank wird, hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. In solchen Fällen greift unter Umständen das Krankengeld der Krankenkasse – sofern eine gesetzliche Krankenversicherung vorliegt. Arbeitgeber sind in diesem Zeitraum grundsätzlich nicht verpflichtet, Zahlungen zu leisten.

Nach Ablauf der vier Wochen besteht der volle gesetzliche Anspruch – selbst wenn sich der Arbeitnehmer noch in der vereinbarten Probezeit befindet. Eine Kündigung in dieser Zeit ändert daran nichts: Wird etwa am letzten Tag der Probezeit gekündigt und der oder die Beschäftigte ist krank, besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch bis zum Ende der Kündigungsfrist.

Sonderfälle: Lohnfortzahlung bei Minijobbern, Werkstudenten und Teilzeitkräften

Ein häufiger Irrtum betrifft sogenannte geringfügig Beschäftigte oder Minijobber. Viele glauben, dass sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben – doch das ist falsch. Auch für Minijobber gilt das Entgeltfortzahlungsgesetz, sofern ein abhängiges Arbeitsverhältnis besteht und die Beschäftigung nicht nur gelegentlich oder unregelmäßig ausgeübt wird. Auch die Vier-Wochen-Frist muss erfüllt sein.

Die Lohnfortzahlung erfolgt in Höhe des durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts – also auf Basis der Stundenvergütung, Schichtzuschläge oder sonstiger regelmäßig gezahlter Entgeltbestandteile. Arbeitgeber können sich einen Teil dieser Lohnfortzahlung über das sogenannte Umlageverfahren (U1) durch die Krankenkassen erstatten lassen.

Für Werkstudenten, die während des Studiums nebenbei arbeiten, gelten dieselben Regeln wie für andere Arbeitnehmer – auch sie haben nach vier Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Entscheidend ist, dass das Arbeitsverhältnis auf einem Arbeitsvertrag basiert und die Beschäftigung nicht rein projektbezogen oder auf Honorarbasis erfolgt.

Teilzeitkräfte unterliegen ebenfalls dem Entgeltfortzahlungsgesetz, unabhängig vom Stundenumfang. Dabei gilt: Der Umfang der Lohnfortzahlung richtet sich nach dem individuellen Arbeitsvertrag – wer z. B. regelmäßig nur drei Tage die Woche arbeitet, erhält auch nur für diese Tage Lohnfortzahlung.

Azubis, Praktikanten, Probearbeiter: Wie sieht es hier aus?

Auch Auszubildende haben einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit. Die gesetzliche Grundlage hierfür ergibt sich aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), das in § 19 Abs. 1 explizit festlegt, dass die Ausbildungsvergütung bis zur Dauer von sechs Wochen weitergezahlt werden muss, wenn Auszubildende unverschuldet krankheitsbedingt ausfallen.

Bei Praktikanten ist zwischen verschiedenen Formen zu unterscheiden:

  • Pflichtpraktika im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung unterliegen in der Regel nicht dem Entgeltfortzahlungsgesetz, da hier kein echtes Arbeitsverhältnis besteht.
  • Freiwillige Praktika, die auf Grundlage eines Praktikantenvertrags mit Entgelt vereinbart wurden, fallen hingegen unter das EntgFG – mit denselben Bedingungen wie bei „normalen“ Arbeitnehmern.

Wer sich in einem sogenannten Probearbeitsverhältnis befindet, etwa im Rahmen eines befristeten „Kennenlern-Arbeitsverhältnisses“, muss ebenfalls differenziert betrachtet werden. Besteht ein schriftlicher Arbeitsvertrag, in dem Pflichten und Vergütung geregelt sind, ist auch hier das Entgeltfortzahlungsgesetz einschlägig – vorausgesetzt, das Arbeitsverhältnis hat die vierwöchige Schwelle überschritten.

Beamte, Richter und Soldaten: Keine Lohnfortzahlung, sondern Besoldung

Im öffentlichen Dienst gelten andere Regelungen. Beamte, Richter und Soldaten sind keine Arbeitnehmer im Sinne des EntgFG, sondern stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Sie erhalten im Krankheitsfall weiterhin ihre Besoldung – also ihr reguläres Gehalt –, unabhängig von der Krankheitsdauer. Eine „Lohnfortzahlung“ im engeren Sinne findet hier nicht statt.

Bei längerer Erkrankung greift das sogenannte Krankengeld für Beamte nicht – stattdessen kann ggf. ein Antrag auf Dienstunfähigkeit notwendig werden, insbesondere bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit. Für tariflich beschäftigte Angestellte im öffentlichen Dienst gelten wiederum die Regelungen des EntgFG.


Mehrere Krankheitsfälle in kurzer Zeit – wann entsteht ein neuer Anspruch?

In der arbeitsrechtlichen Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres mehrfach krankgeschrieben werden. Die zentrale Frage lautet dann: Entsteht bei jeder neuen Krankschreibung ein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung? Die Antwort hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um dieselbe Erkrankung oder um eine neue Krankheit handelt.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) besteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung für bis zu sechs Wochen je Krankheitsfall. Wird der Arbeitnehmer im Verlauf des Jahres erneut krank, prüft der Arbeitgeber (und ggf. die Krankenkasse), ob ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch ausgelöst wird.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer fällt im Januar sechs Wochen wegen einer Bandscheibenproblematik aus. Im Mai wird er wegen einer Magen-Darm-Infektion für zwei Wochen krankgeschrieben. Hier handelt es sich eindeutig um zwei verschiedene Erkrankungen – ein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung entsteht für die zweite Krankheit.

Komplizierter wird es, wenn eine erneute Krankschreibung mit der gleichen Diagnose erfolgt – z. B. bei chronischen Rückenschmerzen. In solchen Fällen greift unter Umständen die sogenannte Rückfallregelung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 EntgFG), auf die wir im nächsten Punkt eingehen.

Die Rückfallregelung: Was passiert bei wiederkehrender Erkrankung?

Die Rückfallregelung soll verhindern, dass durch mehrere kurze Unterbrechungen immer wieder ein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung entsteht – etwa bei chronischen Leiden. Sie besagt: Wenn ein Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig wird, ohne dass zwischen den beiden Krankschreibungen mehr als sechs Monate vergangen sind oder seit Beginn der ersten Erkrankung noch kein Jahr vergangen ist, entsteht kein neuer Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Konkret bedeutet das:

  • Wird ein Arbeitnehmer im Januar sechs Wochen krank und im Juni (also fünf Monate später) erneut mit derselben Diagnose arbeitsunfähig, besteht kein neuer Anspruch – die Lohnfortzahlung ist bereits „verbraucht“.
  • Erfolgt die neue Krankschreibung im August (also mehr als sechs Monate später) oder ist seit der ersten Erkrankung mindestens ein Jahr vergangen, entsteht ein neuer Sechs-Wochen-Anspruch.

Diese Regelung dient dem Schutz des Arbeitgebers vor einer uferlosen Lohnfortzahlung, ohne jedoch chronisch kranke Arbeitnehmer komplett von Ansprüchen auszuschließen.

Wichtig: Bei Zweifeln an der medizinischen Begründung kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten, um überprüfen zu lassen, ob es sich tatsächlich um dieselbe Erkrankung handelt.

Krankheit während des Urlaubs: Wie wirkt sich das auf die Lohnfortzahlung aus?

Ein weitverbreitetes Missverständnis ist, dass Urlaubstage bei Krankheit einfach „verloren gehen“. Tatsächlich schützt das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in Verbindung mit dem Entgeltfortzahlungsgesetz Arbeitnehmer in dieser Konstellation.

Nach § 9 BUrlG gilt: Wird ein Arbeitnehmer während seines genehmigten Urlaubs krank und weist dies durch ein ärztliches Attest nach, werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet. Stattdessen gilt der Arbeitnehmer als arbeitsunfähig – mit allen Rechten und Pflichten der Lohnfortzahlung nach dem EntgFG.

Dabei sind jedoch folgende Punkte zu beachten:

  • Das Attest muss unverzüglich vorgelegt werden – am besten noch während des Urlaubs.
  • Die Krankheit muss den Arbeitnehmer arbeitsunfähig machen, also seine Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar machen.
  • Es muss sich um einen gesetzlich anerkannten Arzt handeln; bei Auslandsreisen ggf. mit Übersetzung oder zusätzlicher Prüfung durch die Krankenkasse.

Der Arbeitgeber darf die Lohnfortzahlung nicht verweigern, wenn ein gültiges Attest vorliegt und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichzeitig ist der Urlaub nicht verbraucht und kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.

Krankheit während der Elternzeit oder bei unbezahltem Urlaub

Ein besonders komplexer Bereich ist die Frage der Lohnfortzahlung bei Krankheit während der Elternzeit oder eines unbezahlten Urlaubs.

Für Arbeitnehmer in Elternzeit gilt: Während der Elternzeit besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da das Arbeitsverhältnis ruht. Krankmeldungen während dieser Zeit ändern daran nichts. Wer jedoch in Teilzeit während der Elternzeit arbeitet, hat für diese Teilzeitbeschäftigung sehr wohl einen Anspruch auf Lohnfortzahlung, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Beim unbezahlten Sonderurlaub verhält es sich ähnlich. Da in diesem Zeitraum kein Vergütungsanspruch besteht, kann auch keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erfolgen. Erst mit Wiederaufnahme der Arbeit (und Erfüllung der Vier-Wochen-Frist nach § 3 Abs. 3 EntgFG) entsteht ein neuer Anspruch.

Hier ist auch die Rückkehr in das beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis entscheidend, etwa für das Krankengeld im Anschluss.

Krankheit während eines Auslandsaufenthalts – was gilt?

Ist ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit im Ausland tätig (z. B. bei einer Entsendung oder im Homeoffice im Ausland), gelten grundsätzlich dieselben Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes – sofern deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet.

Wird der Arbeitnehmer während eines genehmigten Auslandsaufenthalts krank, muss die Arbeitsunfähigkeit:

  • unverzüglich angezeigt werden, idealerweise per E-Mail oder Telefon,
  • durch ein Attest nachgewiesen werden, das von einem Arzt im Aufenthaltsland ausgestellt wurde,
  • ggf. ins Deutsche übersetzt und der Krankenkasse vorgelegt werden.

Zudem ist zu klären, ob im jeweiligen Aufenthaltsland soziale Sicherungsabkommen bestehen, die ergänzend zur Anwendung kommen – etwa bei längeren Auslandseinsätzen innerhalb der EU oder des EWR. Bei solchen Entsendungen kann es vorkommen, dass das deutsche Sozialversicherungsrecht weiterhin gilt, inklusive Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Arbeitgeber sollten für derartige Konstellationen klare Regelungen im Arbeitsvertrag oder in Zusatzvereinbarungen treffen, insbesondere bei regelmäßiger Auslandstätigkeit.


Die gesetzliche Grundlage: § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz

Ein zentrales Element der Lohnfortzahlung ist die Nachweispflicht des Arbeitnehmers. § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) regelt klar: Wer infolge einer Krankheit arbeitsunfähig ist und daher nicht zur Arbeit erscheinen kann, muss dies unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen – also ohne schuldhaftes Zögern, idealerweise noch am selben Tag der Arbeitsunfähigkeit.

Zudem verpflichtet das Gesetz den Arbeitnehmer, spätestens am vierten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz AU) vorzulegen. Diese muss die voraussichtliche Dauer der Erkrankung enthalten.

Dabei gilt:

  • Der Arbeitgeber kann auch früher ein Attest verlangen, z. B. ab dem ersten Krankheitstag – etwa durch entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder per Weisung.
  • Wird die Arbeitsunfähigkeit verlängert, ist erneut eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen – nahtlos, also spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der ersten Bescheinigung.
  • Bei Versäumnis der Nachweispflicht kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern, bis der Nachweis ordnungsgemäß erbracht wurde.

Ein häufiger Irrtum: Es genügt nicht, einfach „krank zu sein“ – entscheidend ist die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und deren rechtzeitiger Nachweis gegenüber dem Arbeitgeber.

Wann darf der Arbeitgeber ein Attest ab dem ersten Tag verlangen?

Obwohl das Gesetz eine Vorlagepflicht ab dem vierten Kalendertag vorsieht, ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich erlaubt, ein ärztliches Attest ab dem ersten Krankheitstag zu verlangen. Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) mehrfach bestätigt (u. a. BAG, Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).

Diese Möglichkeit besteht:

  • Einzelfallbezogen: Wenn der Arbeitgeber z. B. Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Krankmeldung hat.
  • Generell: Per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung – z. B. bei besonders sensiblen Tätigkeiten oder häufigen Krankmeldungen.

Wichtig: Die Anweisung muss verhältnismäßig und nicht willkürlich sein. Eine generelle Misstrauenskultur ist unzulässig – konkrete Anhaltspunkte oder eine sachliche Grundlage sollten gegeben sein.

Was tun bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit?

Arbeitgeber haben ein berechtigtes Interesse daran, die Echtheit und medizinische Begründetheit einer Krankschreibung zu überprüfen – insbesondere bei auffälligen Krankheitsmustern (z. B. Montag- oder Brückentagskrankenstände).

Bei ernsthaften Zweifeln kann der Arbeitgeber die Krankenkasse auffordern, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten. Dieser erstellt auf Antrag ein Gutachten zur Frage, ob die Arbeitsunfähigkeit besteht bzw. bestanden hat.

Typische Gründe für ein solches Vorgehen:

  • Der Arbeitnehmer ist auffallend häufig oder regelmäßig krank (z. B. jeden Montag).
  • Die Krankschreibung fällt regelmäßig mit Urlaub, Feiertagen oder Schichtwechseln zusammen.
  • Es besteht der Verdacht auf „Gefälligkeitsatteste“.
  • Der Arbeitnehmer ist während der Krankschreibung in sozialen Medien bei Aktivitäten zu sehen, die seiner Erkrankung widersprechen.

Das Verfahren ist gesetzlich geregelt (§ 275 SGB V) und erfordert keine Zustimmung des Arbeitnehmers. Allerdings hat der Arbeitgeber keinen direkten Zugriff auf das Gutachten – die Krankenkasse informiert ihn nur über das Ergebnis („arbeitsunfähig“ oder „nicht arbeitsunfähig“).

Kontrollrechte des Arbeitgebers – was ist erlaubt?

Neben dem medizinischen Gutachten bestehen weitere Kontrollmöglichkeiten. Der Arbeitgeber darf – etwa durch den Außendienst oder einen Detektiv – überprüfen lassen, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten während der Krankschreibung nachkommt.

Erlaubt sind beispielsweise:

  • Beobachtung des häuslichen Umfelds bei Verdacht auf „Blaumachen“
  • Dokumentation auffälligen Verhaltens (z. B. schweres Heben trotz Rückenerkrankung)
  • Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen (z. B. Social Media)

Nicht erlaubt sind:

  • Unangekündigte Besuche in der Wohnung (Verletzung der Privatsphäre)
  • Dauerhafte Überwachung ohne konkreten Anlass (Verstoß gegen Datenschutzrecht)

Wird dem Arbeitnehmer ein grobes Fehlverhalten nachgewiesen (z. B. Sportwettkampf trotz Krankschreibung), kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen – vorausgesetzt, der Verstoß ist eindeutig und nachweisbar.

Fristen und typische Fehler bei der Krankmeldung

Viele Arbeitnehmer unterschätzen die Bedeutung der fristgerechten Krankmeldung. Wer nicht rechtzeitig reagiert, riskiert seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung – selbst wenn die Krankheit echt ist.

Die wichtigsten Fristen im Überblick:

  • Unverzügliche Meldung der Arbeitsunfähigkeit: telefonisch oder per E-Mail, idealerweise am ersten Krankheitstag.
  • Spätestens am vierten Kalendertag: Vorlage der ärztlichen Bescheinigung – bei Samstagen oder Sonntagen spätestens am darauffolgenden Werktag.
  • Verlängerung der Krankheit: lückenlose Attestierung erforderlich – sonst droht der Verlust des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung.

Typische Fehler in der Praxis:

  • „Ich dachte, mein Chef sieht das auf dem Dienstplan.“ – Falsch: Die Krankmeldung muss aktiv erfolgen.
  • „Ich schicke das Attest später.“ – Zu spät kann zu Zahlungsausfall führen.
  • „Ich war erst drei Tage krank, dann aber länger.“ – Auch dann ist ein nahtloser Nachweis nötig.

Arbeitgeber sind berechtigt, die Entgeltfortzahlung auszusetzen oder rückwirkend zu verweigern, wenn die Krankmeldung fehlerhaft oder verspätet erfolgt. In solchen Fällen muss der Arbeitnehmer Krankengeld bei der gesetzlichen Krankenversicherung beantragen – jedoch erst ab dem Folgetag, was zu finanziellen Lücken führen kann.

Lohnfortzahlung bei psychischen Erkrankungen, Kur oder Reha

Psychische Erkrankungen – etwa Depressionen, Burnout oder Angststörungen – nehmen seit Jahren zu. Auch in diesen Fällen besteht grundsätzlich Anspruch auf Lohnfortzahlung, sofern die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde und die sonstigen Voraussetzungen gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) vorliegen. Der Arbeitgeber darf psychische Erkrankungen nicht anders behandeln als körperliche Beschwerden. Die Diagnose muss allerdings nicht im Attest stehen – sie ist Privatsache des Arbeitnehmers. Arbeitgeber haben keine Einsicht in die Krankheitsursache, sondern nur in die Krankschreibung als solche.

Gleiches gilt bei einer genehmigten Rehabilitationsmaßnahme oder Kur, sofern sie medizinisch notwendig und von der Krankenkasse bzw. dem Rentenversicherungsträger genehmigt ist. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn die Maßnahme dem Zweck der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dient und nicht der Erholung. Auch dabei beginnt nach sechs Wochen gegebenenfalls die Zahlung von Übergangsgeld oder Krankengeld durch die Sozialversicherungsträger.

Übergang zum Krankengeld

Endet der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach sechs Wochen, greift das Krankengeld (§ 44 SGB V). Dieses beträgt in der Regel 70 % des Brutto-, aber höchstens 90 % des Nettogehalts. Gezahlt wird es durch die gesetzliche Krankenkasse für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung. Voraussetzung: Die Arbeitsunfähigkeit besteht weiterhin und wurde korrekt fortlaufend ärztlich attestiert.

Bei Unterbrechung der Krankschreibung oder verspäteter Vorlage beim Arbeitgeber oder der Krankenkasse kann der Anspruch entfallen. Wichtig: Während des Bezugs von Krankengeld besteht keine Beitragspflicht zur Arbeitslosen- oder Rentenversicherung – dies kann spätere Ansprüche beeinflussen.

Rückforderungen bei zu Unrecht gezahlter Lohnfortzahlung

Wird die Arbeitsunfähigkeit im Nachhinein angezweifelt oder war sie von Anfang an nicht gegeben (etwa bei simulierter Krankheit), kann der Arbeitgeber bereits geleistete Lohnfortzahlung zurückfordern. Auch bei falschen Angaben, Manipulationen oder Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten – z. B. verspätete Krankmeldung – ist eine Rückforderung möglich.

Allerdings ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht, was in der Praxis schwierig sein kann. Besonders heikel: Der Arzt gilt rechtlich als „sachverständiger Zeuge“, weshalb Arbeitsgerichte der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert zuschreiben. Nur bei gewichtigen Zweifeln (z. B. gleichzeitige Nebentätigkeit, Widersprüche im zeitlichen Verlauf, Vorliegen eines Attests vom „Gefälligkeitsarzt“) kann dieser Wert entkräftet werden.

Verjährung von Ansprüchen

Ansprüche auf Entgeltfortzahlung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind. Arbeitgeber können also grundsätzlich innerhalb dieser Zeitspanne Lohnfortzahlung zurückfordern – vorausgesetzt, sie hatten keine Kenntnis von den Rückforderungsgründen, denn andernfalls beginnt die Frist früher.

Arbeitnehmer wiederum sollten offene Entgeltansprüche möglichst frühzeitig geltend machen, insbesondere dann, wenn sie befristet angestellt waren oder sich ausländisch-sozialversicherungsrechtliche Fragen stellen. In manchen Arbeitsverträgen sind kürzere Ausschlussfristen geregelt (z. B. drei Monate) – diese sind zulässig und gelten dann vorrangig.


FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Lohnfortzahlung

Was versteht man unter Lohnfortzahlung?
Unter Lohnfortzahlung versteht man die gesetzlich geregelte Verpflichtung des Arbeitgebers, das Gehalt für bis zu sechs Wochen weiterzuzahlen, wenn ein Arbeitnehmer infolge Krankheit arbeitsunfähig ist – vorausgesetzt, das Arbeitsverhältnis besteht länger als vier Wochen und der Arbeitnehmer hat die Erkrankung nicht selbst verschuldet.

Gilt Lohnfortzahlung auch bei psychischen Erkrankungen?
Ja. Psychische Erkrankungen wie Depression oder Burnout gelten als anerkannter Grund für Arbeitsunfähigkeit. Ein ärztliches Attest genügt, um den Anspruch auf Lohnfortzahlung auszulösen – eine Diagnose muss nicht offengelegt werden.

Was passiert nach sechs Wochen Lohnfortzahlung?
Danach greift das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse. Es beträgt 70 % des Bruttogehalts (maximal 90 % des Nettoverdienstes) und wird für bis zu 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit gezahlt.

Muss ich dem Arbeitgeber die Diagnose mitteilen?
Nein. Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, die Art der Erkrankung zu nennen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („gelber Schein“) enthält keine Diagnose und dient lediglich dem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit.

Kann mein Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern?
Nur in bestimmten Ausnahmefällen – etwa bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlich herbeigeführter Erkrankung (z. B. Sportunfall trotz Verbots oder Erkrankung nach übermäßigem Alkoholkonsum). Auch bei verspäteter Krankmeldung kann der Anspruch erlöschen.

Wie oft bekomme ich Lohnfortzahlung im Jahr?
Grundsätzlich bei jeder neuen, eigenständigen Krankheit erneut für bis zu sechs Wochen. Bei wiederholter Erkrankung derselben Art gelten Sonderregeln – Stichwort „Rückfall“ – die eine neue Lohnfortzahlungsfrist verhindern können, wenn die Krankheit nicht mindestens sechs Monate unterbrochen war.

Bekommen Minijobber auch Lohnfortzahlung?
Ja – auch geringfügig Beschäftigte (450-/520-Euro-Jobs) haben Anspruch, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen (z. B. länger als vier Wochen beschäftigt, nicht selbst verschuldete Krankheit). Die Lohnfortzahlung wird vom Arbeitgeber übernommen.


Fazit: Lohnfortzahlung – Rückgrat des sozialen Arbeitsrechts

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist eine tragende Säule des deutschen Arbeitsrechts. Sie schützt Arbeitnehmer vor dem plötzlichen Verlust ihres Einkommens bei Krankheit und schafft zugleich klare Regeln für Arbeitgeber. Von der Erstbescheinigung über die Dauer bis hin zur Abgrenzung zum Krankengeld – alle Aspekte sind rechtlich geregelt, aber in der Praxis oft mit Unsicherheiten behaftet. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, kann Streitigkeiten vermeiden und im Krankheitsfall souverän handeln. Besonders wichtig: frühzeitige Information, transparente Kommunikation und eine lückenlose Dokumentation der Arbeitsunfähigkeit.