Nachlass

Der Begriff „Nachlass“ beschreibt das Vermögen, das eine Person bei ihrem Tod hinterlässt. Dabei handelt es sich um die Gesamtheit aller vererblichen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten – also sowohl um Guthaben, Immobilien, Sachwerte als auch um Schulden. Juristisch betrachtet stellt der Nachlass die rechtliche Grundlage für die Erbfolge dar. Er geht als Ganzes auf die Erben über, sofern keine Ausschlagung oder besondere Regelung vorliegt. Die Auseinandersetzung mit dem Nachlass ist ein zentrales Thema des Erbrechts – und betrifft nahezu jede Familie mindestens einmal im Leben.

Der Nachlass ist nicht nur eine wirtschaftliche Größe, sondern oft auch von erheblicher emotionaler Bedeutung. Er kann familiäre Bindungen festigen, aber auch zu Konflikten führen – insbesondere dann, wenn keine klare testamentarische Verfügung getroffen wurde. In diesem Zusammenhang sind Kenntnisse über die gesetzliche Erbfolge, über Pflichtteilsansprüche sowie über die erbrechtliche Stellung des Nachlasses unabdingbar.

Juristische Definition und Rechtsnatur des Nachlasses

Im juristischen Sinne handelt es sich beim Nachlass um das sogenannte „Vermögen des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes“. Dieses Vermögen geht unmittelbar mit dem Erbfall auf die Erben über – es entsteht die sogenannte Erbengemeinschaft, sofern mehrere Personen erben. Die Erben werden Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen. Das bedeutet, sie treten automatisch und unmittelbar in die Rechtsposition des Erblassers ein. Der Nachlass wird also nicht „neu verteilt“, sondern als Ganzes übernommen – mit allen Rechten und Pflichten.

Die rechtliche Grundlage für die Nachlassregelung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1922 ff. BGB. Wichtig: Der Nachlass umfasst nur das „vererbliche Vermögen“ – höchstpersönliche Rechte wie etwa Unterhaltsansprüche, Rentenansprüche oder Mitgliedschaften in Vereinen sind nicht Teil des Nachlasses, es sei denn, sie sind ausdrücklich übertragbar oder vererblich.

Aktiva und Passiva im Nachlass: Was gehört dazu?

Ein Nachlass besteht immer aus Aktiva (Vermögenswerten) und Passiva (Verbindlichkeiten). Die genaue Zusammensetzung des Nachlasses ist entscheidend für die Erben – denn sie übernehmen nicht nur Guthaben, sondern auch mögliche Schulden.

Zu den Aktiva gehören beispielsweise:

  • Bankguthaben und Sparbücher
  • Wertpapiere und Aktien
  • Immobilien und Grundstücke
  • Hausrat, Schmuck, Fahrzeuge, Kunstgegenstände
  • Forderungen gegenüber Dritten
  • Geschäftsanteile (z. B. GmbH-Anteile)

Zu den Passiva zählen:

  • Kreditschulden und Hypotheken
  • offene Rechnungen und Steuerschulden
  • Verbindlichkeiten aus Mietverhältnissen
  • Beerdigungskosten (zunächst als Nachlassverbindlichkeit)

Eine genaue Nachlassaufstellung ist für die Erben essenziell. Sie bildet die Grundlage für Entscheidungen zur Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft. In der Praxis übernehmen häufig Steuerberater oder Nachlasspfleger die Aufgabe, die Nachlassmasse vollständig zu erfassen und zu bewerten.

Die gesetzliche Erbfolge: Wenn kein Testament existiert

Existiert keine Verfügung von Todes wegen – also weder ein Testament noch ein Erbvertrag –, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese bestimmt sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. Gesetzliche Erben erster Ordnung sind Kinder und Kindeskinder. Danach folgen Eltern, Geschwister und weiter entfernte Verwandte. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner nehmen eine Sonderstellung ein: Sie erben je nach Güterstand einen bestimmten Anteil am Nachlass, selbst wenn sie mit dem Erblasser nicht verwandt sind.

Die gesetzliche Erbfolge führt häufig zu ungewollten Ergebnissen, etwa wenn nichteheliche Lebenspartner oder Stiefkinder leer ausgehen. Deshalb ist eine frühzeitige Nachlassplanung mit testamentarischer Regelung dringend zu empfehlen – auch um familiäre Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Der Einfluss des Testaments auf den Nachlass

Mit einem Testament kann der Erblasser die Verteilung seines Nachlasses nach eigenen Vorstellungen gestalten. Dabei sind einige formale Anforderungen zu beachten: Ein eigenhändiges Testament muss vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben sein. Alternativ kann ein notarielles Testament errichtet werden, das höhere Rechtssicherheit bietet.

Ein Testament kann sowohl Erben benennen als auch Vermächtnisse aussprechen – letzteres bedeutet, dass bestimmte Personen einzelne Gegenstände oder Geldbeträge aus dem Nachlass erhalten, ohne Erben zu sein. Ebenso kann der Erblasser Auflagen oder Bedingungen formulieren, etwa zur Pflege eines Haustiers oder zur Grabpflege.

Ein gültiges Testament geht der gesetzlichen Erbfolge vorrangig vor. Fehlt jedoch ein Testament oder ist es unwirksam (z. B. durch Formfehler), gilt automatisch die gesetzliche Erbfolge.

Erbengemeinschaften und Nachlassauseinandersetzung

Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, entsteht eine Erbengemeinschaft. Diese ist zunächst Miteigentümerin des gesamten Nachlasses – es gibt keine automatische Zuteilung einzelner Nachlassgegenstände an bestimmte Erben. Entscheidungen über den Nachlass müssen gemeinsam getroffen werden, was zu Konflikten führen kann.

Die Nachlassauseinandersetzung ist der Prozess, bei dem die Erbengemeinschaft den Nachlass aufteilt. Dabei ist entweder eine einvernehmliche Regelung möglich – oft mithilfe eines Erbauseinandersetzungsvertrags – oder, bei Uneinigkeit, eine gerichtliche Auseinandersetzung. Besonders bei Immobilien, Unternehmen oder wertvollen Sammlungen kann es zu komplexen Verhandlungen kommen.


Die gesetzliche Erbfolge und ihre Bedeutung für den Nachlass

Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, greift in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Diese bestimmt, welche Personen in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang am Nachlass beteiligt werden. Die gesetzliche Erbfolge folgt klaren Regeln und ist in §§ 1924 ff. BGB geregelt. Ihre Kenntnis ist nicht nur für Erben wichtig, sondern auch für alle, die ihren Nachlass planen möchten, um eine ungewollte Verteilung zu vermeiden.

Grundzüge der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge basiert auf dem Ordnungsprinzip. Das heißt, Verwandte des Erblassers werden in sogenannte Ordnungen eingeteilt. Innerhalb dieser Ordnungen gelten feste Regeln, wer zuerst erbt und wer durch wen ausgeschlossen wird.

  • 1. Ordnung: Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge (Enkel, Urenkel).
  • 2. Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister, Neffen/Nichten).
  • 3. Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Tanten/Onkel, Cousins/Cousinen).

Eine höhere Ordnung schließt stets die niedrigere aus. Leben beispielsweise Kinder des Erblassers, erben Verwandte der 2. Ordnung nichts. Innerhalb einer Ordnung gilt das Repräsentationsprinzip: Kinder repräsentieren ihre Nachkommen.

Ehegattenerbrecht und gesetzliche Erbteile

Neben den Verwandten erbt auch der Ehegatte oder die Ehegattin des Verstorbenen. Der gesetzliche Erbteil richtet sich nach dem ehelichen Güterstand:

  • Zugewinngemeinschaft (gesetzlich): Der Ehepartner erhält neben Verwandten der 1. Ordnung ¼ des Nachlasses + ¼ pauschalen Zugewinnausgleichs, insgesamt also ½.
  • Gütertrennung: Der Ehegatte erbt nur den Anteil eines Kindes, sofern Kinder vorhanden sind.
  • Gütergemeinschaft: Es gelten besondere Regeln, der Ehegatte erhält in der Regel die Hälfte.

Sind keine Verwandten vorhanden, erbt der Ehepartner allein.

Einfluss der Adoption auf die Erbfolge

Ein adoptierter Mensch hat dieselben Rechte wie ein leibliches Kind und wird in der 1. Ordnung eingeordnet. Das gilt allerdings nur für die Annahme als Kind. Bei einer Erwachsenenadoption gelten Einschränkungen, insbesondere beim Erbrecht gegenüber leiblichen Verwandten des Annehmenden.

Enterbung und Pflichtteilsrecht

Auch wenn der Erblasser ein Testament verfasst, kann er nicht jeden vollständig vom Nachlass ausschließen. Nahe Angehörige wie Kinder, Ehegatten und Eltern haben ein gesetzliches Pflichtteilsrecht.

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein reiner Geldanspruch gegen die Erben. Wer enterbt wurde, kann seinen Pflichtteil einfordern. Dies kann zu erheblichen Liquiditätsproblemen für die Erben führen, wenn der Nachlass vor allem aus Immobilien oder nicht liquiden Vermögenswerten besteht.

Sonderfall: Vor- und Nacherbschaft

Das deutsche Erbrecht erlaubt es, eine Vor- und Nacherbschaft anzuordnen. Der Erblasser kann bestimmen, dass eine Person (Vorerbe) den Nachlass nur für eine bestimmte Zeit oder unter bestimmten Bedingungen erhält. Danach fällt der Nachlass an eine andere Person (Nacherbe).

Dieses Instrument wird häufig eingesetzt, um Vermögen über Generationen hinweg zu steuern. Es ist jedoch mit komplexen rechtlichen und steuerlichen Folgen verbunden. Der Vorerbe darf beispielsweise nicht frei über das Erbe verfügen (Verfügungsbeschränkungen).

Sonderfall: Erbengemeinschaft

Wenn mehrere Personen gesetzlich erben, entsteht eine Erbengemeinschaft. Diese ist eine Gesamthandsgemeinschaft, in der alle Entscheidungen gemeinsam getroffen werden müssen.

Das kann zu Konflikten führen, insbesondere bei der Verwaltung von Immobilien, Unternehmen oder Sammlungen. Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, also die Aufteilung des Nachlasses, kann durch einen Erbauseinandersetzungsvertrag geregelt werden.

Steuerliche Folgen der gesetzlichen Erbfolge

Auch wenn die Erbschaftsteuer durch Freibeträge abgemildert wird, sollten steuerliche Aspekte frühzeitig bedacht werden. Kinder haben z. B. einen Freibetrag von 400.000 Euro, Ehegatten von 500.000 Euro. Liegt der Nachlass darüber, fallen je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedliche Steuersätze an (7–50 %).

Ohne vorausschauende Planung können hohe Steuerlasten entstehen, die z. B. zum Verkauf von Immobilien oder Unternehmensanteilen zwingen. Hier ist rechtzeitige Beratung durch Steuerberater und Fachanwälte empfehlenswert.

Die gesetzliche Erbfolge bietet Orientierung, aber keine optimale Nachlassgestaltung

Wer keine eigene Regelung trifft, unterliegt der gesetzlichen Erbfolge mit all ihren Chancen und Risiken. In vielen Fällen entspricht das gesetzlich vorgesehene Erbe nicht dem Willen des Erblassers.

Eine individuelle Nachlassplanung ist daher unerlässlich, um familiäre Konflikte zu vermeiden, steuerliche Nachteile zu minimieren und die Weitergabe von Vermögen gezielt zu steuern. Die gesetzliche Erbfolge sollte als Grundlage verstanden werden, die durch kluge Gestaltung sinnvoll ergänzt werden kann.

Nachlassverbindlichkeiten und die Haftung der Erben

Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er nicht nur Vermögen, sondern oft auch Verbindlichkeiten – also Schulden, offene Forderungen oder Verpflichtungen gegenüber Dritten. Diese sogenannten Nachlassverbindlichkeiten spielen eine zentrale Rolle im deutschen Erbrecht. Für Erben stellt sich daher die entscheidende Frage: Welche Schulden müssen übernommen werden – und wie kann man sich davor schützen? Dieser dritte Teil des umfassenden Textes zum Keyword „Nachlass“ klärt die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit Nachlassverbindlichkeiten, der Haftung der Erben und rechtssicheren Gestaltungsmöglichkeiten.

Was sind Nachlassverbindlichkeiten?

Unter Nachlassverbindlichkeiten versteht man sämtliche rechtlichen und wirtschaftlichen Verpflichtungen, die entweder bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestanden oder durch den Erbfall selbst entstehen. Sie lassen sich grob in drei Kategorien unterteilen:

  1. Erblasserschulden: Dazu zählen etwa laufende Kredite, offene Rechnungen, Mietrückstände, Steuerforderungen oder private Schulden. Sie bestehen bereits zum Todeszeitpunkt des Erblassers und gehen mit dem Erbfall auf die Erben über.
  2. Erbfallschulden: Diese entstehen unmittelbar durch den Tod – beispielsweise Pflichtteilsansprüche von enterbten Angehörigen, Vermächtnisse oder Auflagen aus dem Testament.
  3. Nachlassverwaltungskosten: Hierzu gehören z. B. Kosten für die Beerdigung, das Nachlassgericht, die Testamentseröffnung oder die Beauftragung eines Nachlassverwalters.

Wer haftet für die Nachlassverbindlichkeiten?

Grundsätzlich haftet der Erbe für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten mit dem gesamten geerbten Vermögen – und darüber hinaus auch mit seinem eigenen Privatvermögen, wenn keine rechtzeitige Begrenzung erfolgt. Die Haftung beginnt automatisch mit der Annahme der Erbschaft. Dabei gilt: Wer die Erbschaft nicht ausschlägt, wird gesetzlich zum Rechtsnachfolger des Erblassers – inklusive aller Schulden.

Die Haftung kann besonders problematisch werden, wenn der Nachlass überschuldet ist. Dann übersteigen die Verbindlichkeiten das vorhandene Vermögen, und der Erbe riskiert erhebliche finanzielle Schäden.

Möglichkeiten zur Begrenzung der Erbenhaftung

Es gibt mehrere rechtliche Instrumente, mit denen sich Erben vor einer unkontrollierten Haftung schützen können:

1. Ausschlagung der Erbschaft (§ 1942 BGB)

Wer innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall die Erbschaft ausschlägt, wird rechtlich nicht Erbe – und haftet somit auch nicht für Nachlassverbindlichkeiten. Die Frist verlängert sich auf sechs Monate, wenn der Erbe im Ausland lebt oder der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Wichtig: Sie ist unwiderruflich und betrifft die gesamte Erbschaft (also auch etwaige Vermögenswerte).

2. Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB)

Ist unklar, ob der Nachlass überschuldet ist, kann beim Nachlassgericht die Einsetzung eines Nachlassverwalters beantragt werden. Der Nachlass wird dann vom übrigen Vermögen des Erben getrennt. Die Haftung beschränkt sich auf das Nachlassvermögen. Der Nachlassverwalter übernimmt die Verwaltung und Begleichung der Verbindlichkeiten aus dem Nachlass.

3. Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1980 ff. BGB)

Ist der Nachlass offensichtlich zahlungsunfähig, können Erben beim Amtsgericht die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. Auch dadurch wird die Haftung auf das Nachlassvermögen beschränkt. Wichtig: Der Antrag muss unverzüglich gestellt werden, sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erkennbar wird. Eine verspätete Beantragung kann zur Haftung mit dem Privatvermögen führen.

4. Dreimonatseinrede (§ 2014 BGB)

Diese Einrede erlaubt es dem Erben, sich innerhalb von drei Monaten nach Annahme der Erbschaft gegen die sofortige Inanspruchnahme durch Gläubiger zu wehren. Sie dient der Prüfung und Ordnung des Nachlasses, schützt aber nicht vor einer späteren Haftung.

Abgrenzung zwischen Nachlass und Eigenvermögen

Nach der gesetzlichen Erbfolge vermischen sich Nachlass und Eigenvermögen des Erben, sofern keine Maßnahmen zur Trennung (z. B. Nachlassverwaltung) ergriffen werden. Diese Vermischung bedeutet, dass Gläubiger auf das gesamte Vermögen des Erben zugreifen können, nicht nur auf den geerbten Teil. Die frühzeitige Trennung ist daher essenziell für eine rechtssichere Begrenzung der Haftung.

Typische Fallkonstellationen bei Nachlassverbindlichkeiten

  • Kreditschulden des Erblassers: Etwa bei Immobilienfinanzierungen oder Konsumentenkrediten. Erben müssen prüfen, ob die Immobilie werthaltig ist oder die Schulden überwiegen.
  • Steuerschulden: Offenstehende Steuerforderungen des Finanzamts gehen vollständig auf die Erben über. Dies umfasst auch etwaige Steuerstrafverfahren.
  • Pflichtteilsansprüche Dritter: Enterbte Angehörige haben Anspruch auf eine Geldzahlung, unabhängig davon, ob Vermögen oder Schulden geerbt wurden.
  • Vermächtnisse und Auflagen: Diese müssen erfüllt werden, sofern der Nachlass dafür ausreicht.

Fazit: Wachsamkeit schützt vor finanziellen Risiken

Nachlassverbindlichkeiten sind ein komplexes und oft unterschätztes Thema. Wer erbt, sollte nicht nur auf potenzielle Vermögenswerte achten, sondern sich ebenso umfassend über bestehende Schulden informieren. Eine vorschnelle Erbschaftsannahme ohne Prüfung kann erhebliche finanzielle Konsequenzen haben. Rechtzeitige Beratung – insbesondere durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Steuerberater – ist daher unerlässlich. Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich die Haftung wirksam begrenzen und der Nachlass geordnet abwickeln.

Nachlassgericht, Nachlasspflegschaft und Nachlassverwaltung

Nach dem Tod einer Person tritt das sogenannte Nachlassgericht in Aktion. Es ist eine Abteilung des Amtsgerichts, die sich ausschließlich mit erb- und nachlassrechtlichen Angelegenheiten befasst. Neben der Testamentseröffnung oder der Erteilung von Erbscheinen kann das Nachlassgericht auch die Einsetzung eines Nachlasspflegers oder Nachlassverwalters veranlassen. In diesem Teil der Beitragsreihe zum Thema „Nachlass“ werden die Rolle des Nachlassgerichts, die Aufgaben der Nachlasspflegschaft und die Bedeutung der Nachlassverwaltung näher beleuchtet.

Aufgaben und Zuständigkeiten des Nachlassgerichts

Das Nachlassgericht ist das zuständige Organ für alle amtlichen Vorgänge rund um den Erbfall. Dazu zählen:

  • Eröffnung von Testamenten
  • Ausstellung von Erbscheinen
  • Entgegennahme von Erbausschlagungen
  • Bestellung von Nachlasspflegern oder Nachlassverwaltern
  • Entscheidungen bei unklarer Erbenlage

Wichtig zu wissen: Die Gerichtszuständigkeit richtet sich nach dem letzten Wohnsitz des Erblassers. Wer etwa in Hamburg verstorben ist, dessen Nachlass wird vom zuständigen Amtsgericht Hamburg betreut.

Nachlasspflegschaft: Schutz für unbekannte oder ungeklärte Erbverhältnisse

Eine Nachlasspflegschaft wird vom Nachlassgericht angeordnet, wenn unklar ist, wer die Erbschaft antreten wird, oder wenn Erben bekannt sind, aber vorübergehend nicht erreichbar oder handlungsunfähig sind. Ziel ist es, den Nachlass zu sichern und zu erhalten, bis die Erbfolge geklärt ist.

Ein Nachlasspfleger übernimmt insbesondere folgende Aufgaben:

  • Sicherung des Vermögens (z. B. durch Sperrung von Konten)
  • Abwehr unberechtigter Forderungen
  • Wahrnehmung von Fristen (z. B. Steuer- oder Mahnfristen)
  • Ermittlung der Erben

Die Bestellung eines Nachlasspflegers erfolgt durch richterlichen Beschluss. Die Kosten für dessen Tätigkeit werden aus dem Nachlass beglichen.

Nachlassverwaltung: Entlastung für die Erben

Die Nachlassverwaltung ist ein Instrument zur Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass. Sie kann entweder vom Erben oder von Nachlassgläubigern beantragt werden. Ziel ist es, eine professionelle Abwicklung des Nachlasses zu gewährleisten, insbesondere dann, wenn Schulden bestehen oder die Vermögenslage unklar ist.

Ein gerichtlich bestellter Nachlassverwalter tritt an die Stelle des Erben in der Vermögensverwaltung und hat u. a. folgende Aufgaben:

  • Erfassen und Bewerten des gesamten Nachlassvermögens
  • Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten
  • Führung von Rechtsstreitigkeiten im Namen des Nachlasses
  • Liquidation oder Verwaltung von Nachlassgegenständen

Der Erbe bleibt zwar formell Inhaber des Erbes, ist jedoch von der wirtschaftlichen Verwaltung ausgeschlossen. Gläubiger müssen sich an den Verwalter halten; eine Haftung mit dem Privatvermögen des Erben ist ausgeschlossen, solange der Nachlass ausreicht.

Abgrenzung zwischen Pflegschaft und Verwaltung

Ob eine Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung angebracht ist, hängt vom konkreten Fall ab. Die Nachlasspflegschaft dient primär der Sicherung bei unklarer Erbenlage. Die Nachlassverwaltung wird hingegen eingesetzt, wenn Erben bekannt sind, aber eine Trennung von Eigen- und Nachlassvermögen zur Haftungsbegrenzung erforderlich ist.

Fazit: Gerichtliche Instrumente bieten Sicherheit

Das Nachlassgericht erfüllt eine zentrale Ordnungsfunktion im deutschen Erbrecht. Seine Eingriffe sind besonders dann wichtig, wenn Unsicherheit über die Erbenkonstellation oder über die Vermögenslage besteht. Die Einsetzung von Nachlasspflegern oder -verwaltern kann dabei helfen, den Nachlass zu sichern und Gläubiger ebenso wie Erben zu schützen. Wer in einem Erbfall betroffen ist, sollte nicht zögern, rechtzeitig juristische Beratung in Anspruch zu nehmen, um den richtigen Weg der Nachlassabwicklung zu wählen.

FAQ

Was macht das Nachlassgericht? Es eröffnet Testamente, stellt Erbscheine aus, nimmt Erbausschlagungen entgegen und kann Nachlasspfleger oder -verwalter einsetzen.

Wann wird ein Nachlasspfleger bestellt? Wenn die Erben unbekannt oder vorübergehend nicht handlungsfähig sind. Ziel ist die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses.

Was ist der Unterschied zur Nachlassverwaltung? Die Nachlassverwaltung dient der Haftungsbegrenzung und wird auf Antrag eingesetzt, wenn Schulden bestehen oder der Nachlass unklar ist.

Wer trägt die Kosten für Pfleger oder Verwalter? Diese werden aus dem Nachlassvermögen bezahlt, nicht vom Privatvermögen der Erben.

Wie beantragt man eine Nachlassverwaltung? Durch schriftlichen Antrag beim Nachlassgericht. Wichtig ist eine rechtzeitige Stellung, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Erbschein, Erbauseinandersetzung und Nachlassverteilung

Wer erbt, möchte in der Regel möglichst reibungslos auf den Nachlass zugreifen – sei es auf ein geerbtes Konto, eine Immobilie oder andere Vermögenswerte. Doch bevor es zur tatsächlichen Verteilung kommt, bedarf es in vielen Fällen eines Erbscheins, einer rechtssicheren Auseinandersetzung zwischen Miterben und einer klaren Regelung der Verteilung. In diesem abschließenden Teil der umfassenden Serie zum Thema Nachlass geht es deshalb um die wichtigsten Praxisfragen: Wie erhält man einen Erbschein? Was ist bei einer Erbengemeinschaft zu beachten? Und wie funktioniert die rechtssichere Aufteilung des Nachlasses?

Der Erbschein – Nachweis der Erbenstellung

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Er weist aus, wer Erbe ist und in welchem Umfang (z. B. Alleinerbe oder Miterbe mit einer bestimmten Quote). Der Erbschein dient Dritten – wie Banken, Grundbuchämtern oder Versicherungen – als Legitimation, dass die Person berechtigt ist, über den Nachlass zu verfügen.

Wann ist ein Erbschein erforderlich?

Ein Erbschein ist nicht immer notwendig. Gibt es ein notariell beurkundetes Testament oder einen Erbvertrag, genügt oft dessen Vorlage. Banken oder Behörden verlangen jedoch häufig zusätzlich einen Erbschein, insbesondere wenn kein Testament vorliegt oder dieses nicht eindeutig formuliert ist. Auch beim Grundbuchamt wird bei der Umschreibung einer geerbten Immobilie in der Regel ein Erbschein gefordert.

Antrag und Kosten

Den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins kann jeder Erbe beim Nachlassgericht stellen. Das Gericht prüft dann die Erbenstellung – ggf. unter Heranziehung von Testament, Sterbeurkunde und weiteren Nachweisen. Die Kosten richten sich nach dem Nachlasswert und sind im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Für einen Nachlasswert von 100.000 Euro fallen etwa 546 Euro Gebühren an.

Die Erbengemeinschaft – Rechte, Pflichten und Herausforderungen

Erben mehrere Personen gemeinsam, bilden sie automatisch eine sogenannte Erbengemeinschaft. Das bedeutet: Kein Erbe kann allein über einzelne Nachlassgegenstände verfügen. Die Verwaltung und Verwertung des Nachlasses müssen grundsätzlich gemeinsam erfolgen. Solche Konstellationen führen in der Praxis oft zu Konflikten – sei es wegen unterschiedlicher Interessen, unklarer Kommunikation oder Streit über den Wert einzelner Gegenstände.

Verwaltung und Verfügungen nur gemeinsam

Ein einzelner Miterbe darf über seinen Anteil am Gesamtvermögen (z. B. seinen Erbanteil an einer Immobilie) verfügen – z. B. durch Verkauf oder Schenkung. Über konkrete Nachlassgegenstände (z. B. das Haus selbst) kann jedoch nur gemeinschaftlich entschieden werden. Will ein Miterbe das geerbte Haus verkaufen, müssen alle Erben zustimmen. Gleiches gilt für Vermietungen, Renovierungen oder sonstige Verfügungen.

Konfliktpotenzial und Blockaden

Oft entstehen Schwierigkeiten, wenn einzelne Erben nicht kooperieren. Ist z. B. ein Miterbe nicht auffindbar oder verweigert er die Zustimmung zur Verwertung, kann der Nachlass blockiert sein. In solchen Fällen können die anderen Erben beim Nachlassgericht einen Erbenverwalter oder eine gerichtliche Regelung beantragen.

Die Erbauseinandersetzung – Auflösung der Erbengemeinschaft

Ziel jeder Erbengemeinschaft ist in der Regel die Erbauseinandersetzung, also die einvernehmliche oder gerichtliche Aufteilung des Nachlasses auf die einzelnen Erben. Sobald der Nachlass geklärt, Schulden beglichen und die Vermögenswerte bewertet sind, kann die Auseinandersetzung beginnen.

Auseinandersetzungsvertrag

Ein häufiges Mittel zur Regelung ist der Auseinandersetzungsvertrag. Er enthält verbindliche Vereinbarungen über die Verteilung des Nachlasses – etwa, wer welche Gegenstände erhält, wie Immobilien behandelt werden oder welche Ausgleichszahlungen geleistet werden. Ein solcher Vertrag muss nicht zwingend notariell beurkundet sein, wird aber in vielen Fällen aus Gründen der Rechtssicherheit notariell abgeschlossen – insbesondere wenn Immobilien betroffen sind.

Teilungsklage

Können sich die Miterben nicht einigen, bleibt oft nur der Gang zum Gericht. Mit der sogenannten Teilungsklage kann ein Miterbe die Auseinandersetzung einklagen. Das Gericht entscheidet dann über die Verwertung und Aufteilung – z. B. durch Anordnung einer Versteigerung und Geldverteilung nach Erbquoten. Dies ist jedoch häufig langwierig und belastend für alle Beteiligten.

Nachlassverteilung in der Praxis

Sobald die Auseinandersetzung abgeschlossen ist, erfolgt die konkrete Verteilung des Nachlasses. Dabei wird unterschieden zwischen:

  • Teilung in Natur: Jeder Erbe erhält bestimmte Vermögensgegenstände (z. B. Schmuck, Möbel, Autos).
  • Verwertung und Auszahlung: Vermögensgegenstände werden verkauft, und der Erlös wird entsprechend den Erbquoten verteilt.
  • Ausgleichszahlungen: Wenn ein Erbe z. B. das Haus erhält, das den Gesamtwert seines Anteils übersteigt, zahlt er einen Ausgleich an die anderen Miterben.

Besonderheiten gelten bei Immobilien: Die Grundbuchumschreibung muss beantragt werden, in der Regel unter Vorlage des Erbscheins und einer Einigung zwischen den Erben oder eines Auseinandersetzungsvertrags. Bei Immobilien mit mehreren Erben empfiehlt sich häufig die Gründung einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) zur Verwaltung – etwa bei gemeinsamer Vermietung.

Steuerliche Aspekte bei der Nachlassverteilung

Auch wenn die Erbschaftsteuer grundsätzlich beim Erbfall selbst anfällt, spielen steuerliche Fragen auch bei der Verteilung eine Rolle. Erträge aus geerbtem Vermögen – etwa Mieteinnahmen aus einer Immobilie – sind von den Erben regulär zu versteuern. Gleiches gilt für Wertzuwächse bei der späteren Veräußerung. Die Aufteilung sollte also auch steuerlich gut dokumentiert werden, um spätere Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.


FAQ – Häufige Fragen zur Nachlassverteilung

Wer braucht einen Erbschein?
Ein Erbschein ist immer dann notwendig, wenn kein notarielles Testament vorliegt oder Dritte – wie Banken oder das Grundbuchamt – ihn ausdrücklich verlangen. Auch bei Streitigkeiten über die Erbfolge ist er unerlässlich.

Können Miterben einen Erben zwingen, auszuzahlen?
Nur durch Einigung oder gerichtliche Entscheidung. Ein einzelner Miterbe kann nicht einseitig verfügen, aber im Rahmen einer Auseinandersetzung können Ausgleichszahlungen vereinbart oder eingeklagt werden.

Was passiert, wenn sich Miterben nicht einigen können?
Dann kann ein Miterbe Teilungsklage erheben. Das Gericht entscheidet über die Verwertung und Verteilung des Nachlasses. Diese Verfahren sind jedoch oft langwierig und teuer.

Wie lange dauert eine Erbauseinandersetzung?
Das hängt vom Umfang des Nachlasses, der Anzahl der Erben und dem Einigungswillen ab. Einfache Fälle können innerhalb weniger Monate erledigt werden, komplexe Konstellationen mit Streitigkeiten können Jahre dauern.

Kann man die Erbauseinandersetzung auch notariell regeln?
Ja – und das ist insbesondere bei Immobilien empfehlenswert. Ein notarieller Auseinandersetzungsvertrag bietet Rechtssicherheit und erleichtert die spätere Grundbuchumschreibung.