Die klassische Vorstellung vom Ruhestand hat sich gewandelt. Während früher das Arbeitsleben abrupt mit dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters endete, wünschen sich heute viele Menschen einen sanften Übergang in den Ruhestand – finanziell, psychologisch und sozial. Die Teilrente bietet dafür den idealen Rahmen.
In Zeiten des demografischen Wandels, zunehmender Fachkräfteengpässe und gestiegener Lebenserwartung ist der Wunsch nach Flexibilität im Alter kein Luxus mehr, sondern gelebte Realität. Wer sich mit 63 oder 64 Jahren noch fit fühlt, will nicht von heute auf morgen in den Ruhestand katapultiert werden. Und wer aus gesundheitlichen oder privaten Gründen kürzertreten muss, will dennoch nicht ganz aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Genau hier setzt die Teilrente an.
Die Teilrente ermöglicht es, früher aus dem Arbeitsleben auszusteigen, ohne ganz auf Einkommen zu verzichten – oder anders gesagt: Rente beziehen und trotzdem weiterarbeiten, und das völlig legal.
Was ist eine Teilrente? – Definition und gesetzliche Grundlage
Die Teilrente ist eine besondere Form der Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Sie erlaubt es Versicherten, nur einen Teil ihrer regulären Altersrente zu beziehen, während sie gleichzeitig weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Clou: Man kann dadurch weiter Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen, und sich so unter Umständen später eine höhere Vollrente sichern.
Die gesetzliche Grundlage ist im § 42 SGB VI geregelt. Laut Gesetz kann die Altersrente als Teilrente in Höhe von einem Drittel, der Hälfte oder zwei Dritteln der Vollrente bezogen werden. Seit dem Rentenreformpaket 2017 ist der Wechsel zwischen Teilrente und Vollrente flexibler geregelt – auch die Hinzuverdienstregelungen wurden deutlich vereinfacht.
Die Teilrente ist damit ein zentrales Element der sogenannten Flexi-Rente, die mehr Gestaltungsfreiheit beim Übergang in den Ruhestand schaffen soll.
Wer hat Anspruch auf eine Teilrente?
Grundsätzlich kann jeder rentenversicherte Arbeitnehmer oder Selbstständige, der die Voraussetzungen für eine reguläre Altersrente erfüllt, auch eine Teilrente beantragen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind:
- Mindestalter: Je nach Rentenart ab 63 (für langjährig Versicherte mit Abschlägen), 65 oder reguläres Rentenalter
- Mindestversicherungszeit: Meist 35 Versicherungsjahre
- Hinzuverdienstgrenze darf nicht überschritten werden (Details im nächsten Abschnitt)
- Antrag muss gestellt werden – Rentenzahlung erfolgt nicht automatisch
Besonders interessant ist die Teilrente für:
- Arbeitnehmer, die stufenweise in den Ruhestand wechseln möchten
- Selbstständige, die langsam ihre Tätigkeit herunterfahren wollen
- Gesundheitlich belastete Personen, die aus medizinischen Gründen kürzertreten
- Pflegende Angehörige, die Zeit brauchen, aber Einkommen benötigen
Wie funktioniert die Teilrente konkret?
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Frau Müller, 63 Jahre alt, hat 40 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Sie möchte ihre Arbeitszeit auf 50 % reduzieren, aber nicht auf ihr volles Einkommen verzichten. Lösung: Sie beantragt eine hälftige Teilrente und verdient zusätzlich mit einer Teilzeitstelle.
Ablauf:
- Antrag auf Teilrente bei der Deutschen Rentenversicherung
- Festlegung des Rentenanteils (1/3, 1/2, 2/3)
- Berücksichtigung des geplanten Hinzuverdiensts
- Monatliche Auszahlung des reduzierten Rentenbetrags plus Gehalt
Das Besondere: Frau Müller bleibt rentenversichert. Sie zahlt weiter Beiträge – sowohl aus dem Arbeitsentgelt als auch ggf. freiwillig. Später kann sie jederzeit zur Vollrente wechseln oder ihren Teilrentenanteil anpassen.
Modelle der Teilrente: 1/3, 1/2 oder 2/3-Rente?
Die Teilrente ist kein starres Modell. Versicherte können wählen, wie viel ihrer regulären Rente sie monatlich beziehen möchten:
- 1/3-Teilrente: Minimalvariante, um Rente zu „testen“ und trotzdem viel zu arbeiten
- 1/2-Teilrente: Gleichgewicht zwischen Einkommen und Freizeit
- 2/3-Teilrente: Meist gewählt bei deutlicher Arbeitszeitreduzierung
Die gewählte Stufe beeinflusst den zulässigen Hinzuverdienst. Je geringer die Teilrente, desto mehr darf dazuverdient werden. Diese Stufen machen es möglich, das individuelle Übergangsmodell flexibel zu gestalten.
Unterschied zur Vollrente
Die Vollrente beginnt in der Regel mit dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters. Sie ist:
- höher als die Teilrente (logisch)
- unflexibler in Bezug auf Zuverdienst (nur in Ausnahmen ohne Grenzen)
- oft verbunden mit vollständigem Ruhestand
Die Teilrente hingegen bietet:
- Flexibilität beim Rentenstart
- Kombination mit Beschäftigung
- Option zur Anpassung des Rentenanteils
- Erhalt der Beitragszahlungspflicht und damit Rentensteigerung
Fazit: Die Teilrente ist nicht weniger Rente, sondern mehr Freiheit – zumindest im Übergangsprozess.
Die Rolle des Hinzuverdienstes: Was ist erlaubt?
Der vielleicht wichtigste Punkt bei der Teilrente ist: Was darf ich dazuverdienen, ohne dass meine Rente gekürzt wird?
Seit der Reform 2023 gelten neue Regeln:
- Für die Vollrente ab Regelalter gibt es keine Hinzuverdienstgrenze mehr
- Bei der Teilrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze gilt eine Jahresgrenze
Aktuell (Stand 2025):
- Hinzuverdienstgrenze Teilrente: 17.823,75 € brutto jährlich
- Überschreitung möglich, aber dann wird Teilrente anteilig gekürzt
Gut zu wissen: Für Menschen in besonderen Berufen (Pflege, Kunst, Selbstständigkeit) gelten ggf. angepasste Regeln. Eine individuelle Beratung bei der Rentenversicherung lohnt sich.
Beispiel: Teilrente mit Zuverdienst
Herr Meier (64 Jahre) hat Anspruch auf eine monatliche Vollrente von 1.800 €. Er reduziert seine Arbeitszeit auf 20 Stunden/Woche und erhält dafür 1.200 € brutto monatlich. Er entscheidet sich für eine 1/2-Teilrente.
- Hälfte der Rente: 900 €
- Jährlicher Hinzuverdienst: 14.400 € (unter der Grenze von 17.823,75 €)
- Auszahlung monatlich: 900 € Rente + 1.200 € Arbeitsentgelt = 2.100 €
Zudem zahlt er weiter Rentenbeiträge und verbessert damit seine spätere Vollrente. Win-win für Geldbeutel und Sozialkasse.
Teilrente und Altersteilzeit: Geht das zusammen?
Ja – die Kombination von Teilrente und Altersteilzeit ist möglich, besonders im sogenannten Blockmodell:
- Im Arbeitsblock arbeitet der Arbeitnehmer in Vollzeit, bezieht aber bereits Teilrente
- Im Freistellungsblock arbeitet er nicht mehr, bezieht aber weiterhin Teilrente plus Altersteilzeitgeld
Vorteil: Ein sanfter Ausstieg aus dem Arbeitsleben, planbar über mehrere Jahre.
Wichtig ist hier die Koordination mit dem Arbeitgeber und die Einhaltung tariflicher oder betrieblicher Regelungen.
Teilrente mit 63 – früher starten, aber mit Abschlägen
Ein besonders häufig gestellter Wunsch ist der Start der Teilrente mit 63 Jahren – also vor der Regelaltersgrenze. Möglich ist das, jedoch mit einigen wichtigen Rahmenbedingungen:
Voraussetzungen:
- 35 Versicherungsjahre (für „langjährig Versicherte“)
- Vorzeitiger Rentenbeginn mit Abschlägen (0,3 % pro Monat)
- Ggf. Hinzuverdienstgrenze beachten, da Teilrente vor Regelalter
Beispiel: Wer mit 63 in Teilrente geht und noch nicht abschlagsfrei ist, muss je nach Geburtsjahr mit dauerhaften Rentenkürzungen rechnen. Allerdings kann durch Weiterarbeiten und Beitragszahlung ein Teil dieser Abschläge langfristig wieder ausgeglichen werden.
Steuerliche Aspekte der Teilrente
Die Teilrente zählt – wie jede Altersrente – zum zu versteuernden Einkommen. Allerdings gelten Freibeträge und Staffelungen, abhängig vom Renteneintrittsjahr (nachgelagertes Besteuerungsmodell):
- Wer 2025 in Rente geht, muss 85 % der Rente versteuern
- Ab 2040: Besteuerung zu 100 %
Zudem wird das Arbeitseinkommen bei der Teilrente ebenfalls versteuert. Somit unterliegt die Kombination aus Teilrente und Gehalt der Einkommensteuer. Eine Steuerberatung kann helfen, Freibeträge optimal zu nutzen – etwa Werbungskosten, Sonderausgaben oder Pflegepauschalen.
Krankenversicherung & Teilrente: Das solltest du wissen
Teilrentner bleiben in der Regel gesetzlich krankenversichert. Wichtig zu beachten:
- Wer versicherungspflichtig arbeitet, ist über das Beschäftigungsverhältnis krankenversichert
- Wer nicht mehr arbeitet, zahlt Beiträge über die Rente (ca. 14,6 % plus Zusatzbeitrag)
- Bei privater Krankenversicherung gilt: Rente und Gehalt zählen als Beitragspflichtige Einnahmen
Achtung: Zwei Versicherungsverhältnisse können zu zusätzlichen Beiträgen führen. Beratung bei der Krankenkasse ist daher empfehlenswert.
Teilrente und Minijob: Geringfügig beschäftigt trotz Rente
Teilrente kann auch mit einem Minijob bis 538 €/Monat kombiniert werden. Seit 2023 sind dabei viele Grenzen weggefallen:
- Minijobs sind pauschal versichert, optional mit Aufstockung zur Rentenversicherung
- Für Teilrentner vor Regelalter gilt: Minijob zählt zum Hinzuverdienst
Ideal für alle, die nur gelegentlich arbeiten, aber dennoch sozialversichert bleiben möchten. Beispiele: Aufsichtstätigkeiten, Büroarbeit, Nachhilfe, Ehrenämter mit Vergütung.
Teilrente für Beamte oder im Ausland: Geht das auch?
Für Beamte:
Beamtenversorgungssysteme kennen keine klassische Teilrente wie die gesetzliche Rentenversicherung. Allerdings gibt es Teildienstfähigkeit, Teilzeitmodelle vor dem Ruhestand und Sonderregelungen im öffentlichen Dienst – oft tarifvertraglich geregelt. Hier ist der Personalrat erster Ansprechpartner.
Für Auslandsrenten:
Wer in mehreren Ländern gearbeitet hat (z. B. Deutschland, Schweiz, Österreich), kann Anwartschaften aus verschiedenen Rentensystemen kombinieren. Die Teilrente ist dann anteilig möglich – je nach Versicherungszeit und Landesrecht. EU-Verordnungen und bilaterale Abkommen regeln die Details.
Vorteile der Teilrente: Flexibilität trifft Sicherheit
- Früher Renteneinstieg mit gleitendem Übergang
- Kombination mit Gehalt für finanzielle Planungssicherheit
- Weiterarbeiten & Beiträge zahlen → spätere höhere Rente
- Individuell anpassbar: 1/3, 1/2 oder 2/3
- Wertvoll bei familiären oder gesundheitlichen Belastungen
Nachteile der Teilrente: Nicht für jeden die beste Lösung
- Mögliche Rentenabschläge, insbesondere bei frühzeitigem Beginn
- Steuerliche Belastung durch doppeltes Einkommen (Rente + Arbeit)
- Komplexität bei Versicherung, Steuern, Planung
- Teilweise Unsicherheit bei gesetzlicher Regeländerung
Tipp: Ein individueller Rentenbescheid und eine persönliche Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung oder einem Steuerberater können helfen, böse Überraschungen zu vermeiden.
Für wen lohnt sich eine Teilrente besonders?
Nicht jeder profitiert gleichermaßen von der Teilrente – aber für viele ist sie die ideale Lösung. Besonders lohnend ist die Teilrente für:
- Pflegende Angehörige, die Zeit benötigen, aber nicht ganz auf Einkommen verzichten wollen
- Lehrer, Verwaltungsbeamte, Handwerker, die körperlich oder psychisch belastet sind
- Selbstständige, die ihre Tätigkeit langsam zurückfahren wollen
- Langjährig Versicherte, die mit 63 in den Ruhestand möchten, aber flexibel bleiben wollen
- Menschen mit niedriger Rente, die zusätzlich arbeiten möchten, um ihre finanzielle Basis zu stärken
Die Teilrente ist dabei nicht nur Übergangslösung, sondern ein aktives Instrument zur Altersvorsorgeplanung.
Teilrente und Flexirente: Was ist der Unterschied?
Der Begriff Flexirente steht für ein ganzes Maßnahmenpaket zur flexiblen Gestaltung des Übergangs in den Ruhestand. Die Teilrente ist ein Bestandteil der Flexirente.
Vergleich:
Merkmal | Teilrente | Flexirente |
---|---|---|
Definition | Teil der gesetzlichen Altersrente | Kombination aus Teilrente, Hinzuverdienst, Beitragspflicht |
Ziel | Früher Renteneintritt bei Weiterarbeit | Flexibler Übergang + Rentensteigerung durch Weiterarbeit |
Rentensteigerung möglich? | Ja, wenn weiter Beiträge gezahlt werden | Ja, besonders durch freiwillige Beiträge |
Gesetzliche Grundlage | § 42 SGB VI | §§ 34–42 SGB VI inkl. Hinzuverdienstregelung |
In der Praxis sind Teilrente und Flexirente oft identisch angewendet, unterscheiden sich aber in der Perspektive: Die Flexirente ist strategischer, die Teilrente konkreter.
Teilrente beantragen: Schritt-für-Schritt
Die Beantragung erfolgt bei der Deutschen Rentenversicherung – digital, per Post oder persönlich. So läuft’s ab:
- Rentenauskunft anfordern (mind. 6 Monate vor geplantem Rentenbeginn)
- Teilrentenhöhe festlegen (1/3, 1/2, 2/3)
- Geplanten Hinzuverdienst angeben
- Formular „R0100“ ausfüllen (Antrag auf Altersrente)
- Begleitende Unterlagen einreichen: Versicherungsverlauf, Gehaltsnachweise, ärztliche Atteste (bei vorzeitigem Eintritt)
- Abgabe bei RV oder Beratungsstelle
- Rentenbescheid abwarten
- Bei Bedarf anpassen lassen (Rentenhöhe oder Wechsel zur Vollrente)
Tipp: Frühzeitig mit einem Rentenberater sprechen – das erhöht die Transparenz und minimiert Fehler.
FAQs zur Teilrente
Wie lange kann man Teilrente beziehen?
So lange man will – spätestens mit Regelaltersgrenze wird die Vollrente automatisch gewährt (wenn nicht anders beantragt).
Kann man von Teilrente zur Vollrente wechseln?
Ja, jederzeit formlos durch Antrag – rückwirkend maximal für 3 Monate.
Wird die Teilrente rückwirkend ausgezahlt?
In der Regel nur ab Antragsmonat, höchstens 3 Monate rückwirkend.
Muss man auf Teilrente verzichten, wenn man weiterarbeitet?
Nein – Teilrente ist genau dafür gedacht: Arbeit und Rente kombinieren.
Was passiert mit den Rentenbeiträgen während der Teilrente?
Sie erhöhen später die Vollrente – in der Regel durch jährliche Anpassungen.
Ist ein Minijob mit Teilrente sinnvoll?
Ja, besonders bei geringem Hinzuverdienstbedarf oder als Nebenverdienst ohne große Sozialabgaben.
Fazit: Teilrente – modernes Rentenmodell für flexible Lebensentwürfe
Die Teilrente ist kein Nischenmodell mehr – sie ist die Antwort auf eine Arbeitswelt im Wandel. Wer früher aufhören will, aber nicht ganz, wer Geld braucht, aber auch Freizeit – für den ist die Teilrente eine echte Brücke in den Ruhestand.
Mit klaren Regeln, planbaren Optionen und sinnvollen Freibeträgen bietet sie mehr Flexibilität, mehr Eigenverantwortung und mehr Lebensqualität.