Ein Freibetrag ist ein gesetzlich definierter Betrag, der bei der Berechnung von Steuern oder Sozialabgaben nicht berücksichtigt wird. Das bedeutet: Bis zur Höhe dieses Freibetrags bleibt ein bestimmter Teil des Einkommens, Vermögens oder einer anderen steuerlichen Bemessungsgrundlage steuerfrei – nur der übersteigende Teil ist zu versteuern oder zu verbeitragen. Freibeträge werden in der Regel vom Finanzamt automatisch oder auf Antrag bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt. Sie können einmalig, jährlich oder auch abhängig von persönlichen Verhältnissen gewährt werden.
Ein einfaches Beispiel: Wer im Jahr 2025 ein zu versteuerndes Einkommen von 12.000 Euro hat, aber ein Grundfreibetrag von 11.604 Euro gilt, muss lediglich 396 Euro versteuern – der Freibetrag schützt das Existenzminimum.
Freibetrag vs. Pauschbetrag – wo liegt der Unterschied?
Obwohl beide Begriffe im Alltag oft synonym verwendet werden, handelt es sich um unterschiedliche Konzepte:
- Freibetrag: Schützt einen bestimmten Teil des Einkommens oder Vermögens vollständig vor der Besteuerung oder Anrechnung. Der Freibetrag reduziert die Bemessungsgrundlage.
- Pauschbetrag: Ist ein festgelegter Betrag, der ohne Nachweis bestimmter Ausgaben automatisch berücksichtigt wird. Pauschbeträge sind typischerweise Vereinfachungen für Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen. Sie ersetzen konkrete Einzelangaben und senken das zu versteuernde Einkommen.
Beispiel: Der Werbungskostenpauschbetrag von 1.230 Euro wird jedem Arbeitnehmer gewährt, selbst wenn keine Werbungskosten nachgewiesen werden. Der Grundfreibetrag hingegen schützt Einkommen bis zur jeweiligen Höhe generell vor der Steuerpflicht.
Die wichtigsten Arten von Freibeträgen im Überblick
In Deutschland gibt es eine Vielzahl gesetzlicher Freibeträge, die sich grob in steuerliche Freibeträge und Freibeträge im Sozialrecht einteilen lassen. Je nach Lebenssituation, Einkommen und Vermögensverhältnissen können sie erhebliche Auswirkungen auf die individuelle Steuer- oder Abgabenlast haben.
1. Grundfreibetrag (Einkommensteuer)
Der Grundfreibetrag stellt sicher, dass das Existenzminimum steuerfrei bleibt. Er beträgt im Jahr 2025 für Alleinstehende 11.604 Euro und für Verheiratete 23.208 Euro. Erst Einkommen oberhalb dieses Betrags unterliegt der Einkommensteuer.
2. Kinderfreibetrag
Eltern können alternativ zum Kindergeld den Kinderfreibetrag geltend machen. Er setzt sich zusammen aus dem eigentlichen Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf. Im Jahr 2025 beträgt der Kinderfreibetrag je Elternteil 3.192 Euro, also 6.384 Euro für beide zusammen. Ob das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag günstiger ist, prüft das Finanzamt im Rahmen der Günstigerprüfung.
3. Alleinerziehendenentlastungsbetrag
Alleinerziehende erhalten zusätzlich einen Entlastungsbetrag in Höhe von 4.260 Euro für das erste Kind (Stand 2025). Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro. Dieser Freibetrag soll den finanziellen Mehraufwand Alleinerziehender kompensieren.
4. Freibeträge für Schwerbehinderte
Menschen mit einer Schwerbehinderung erhalten steuerliche Entlastungen über einen Behinderten-Pauschbetrag, der sich je nach Grad der Behinderung gestaffelt zwischen 384 Euro und 2.840 Euro (ab einem GdB von 100) bewegt. Ab einem GdB von 50 sind weitere steuerliche Vergünstigungen möglich, etwa beim Werbungskostenabzug.
5. Freibetrag bei Erbschaft und Schenkung
Bei Erbschaften oder Schenkungen gelten je nach Verwandtschaftsgrad hohe persönliche Freibeträge:
- Ehepartner: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Geschwister: 20.000 Euro
Diese Freibeträge werden alle zehn Jahre neu gewährt.
6. Sparerpauschbetrag
Zinsen, Dividenden und andere Kapitalerträge sind grundsätzlich steuerpflichtig. Der Sparerpauschbetrag sorgt dafür, dass Kapitalerträge bis zu 1.000 Euro (für Ledige) bzw. 2.000 Euro (für Verheiratete) steuerfrei bleiben. Er kann durch einen Freistellungsauftrag bei Banken direkt berücksichtigt werden.
7. Freibetrag bei Unterhaltsleistungen
Wer Angehörigen Unterhalt zahlt, kann bis zu einem festgelegten Höchstbetrag steuerlich absetzen – in 2025 liegt dieser bei 11.604 Euro, analog zum Grundfreibetrag. Voraussetzung ist, dass der Empfänger bedürftig ist und selbst kein oder nur geringes Einkommen hat.
Welche Freibeträge gelten im Sozialrecht?
Auch im Sozialrecht gibt es wichtige Freibeträge, insbesondere im Zusammenhang mit Bürgergeld, BAföG oder Pflegeleistungen:
- Freibetrag beim Bürgergeld (ehemals Hartz IV): Erwerbstätige dürfen einen Teil ihres Einkommens anrechnungsfrei behalten – je nach Höhe des Einkommens gestaffelt. Beispielsweise sind von einem monatlichen Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro 20 % anrechnungsfrei.
- BAföG-Freibeträge: Studierende dürfen nur begrenztes eigenes Einkommen und Vermögen besitzen, ohne dass das BAföG gekürzt wird. Der Freibetrag für eigenes Einkommen liegt derzeit bei rund 6.240 Euro pro Jahr, der Vermögensfreibetrag bei 15.000 Euro (unter 30 Jahren) bzw. 45.000 Euro (über 30 Jahre).
- Pflegegeld und Schonvermögen: Wer Pflegeleistungen erhält oder im Pflegeheim lebt, darf ein bestimmtes Schonvermögen behalten. Dieses liegt häufig bei rund 10.000 Euro, bei Ehepaaren teilweise darüber.
Berechnung, Beantragung und praktische Anwendung im Steueralltag
Freibeträge sind mehr als nur abstrakte Zahlen aus dem Steuerrecht – sie haben ganz konkrete Auswirkungen auf die Höhe der Einkommensteuer, die Abgabepflicht bei Kapitalerträgen oder die Anrechnung von Einkommen auf Sozialleistungen. In diesem zweiten Teil des umfassenden Ratgebers gehen wir daher gezielt auf die praktische Anwendung und steuerliche Bedeutung von Freibeträgen ein. Dabei zeigen wir, wie Freibeträge in der Steuerberechnung berücksichtigt werden, welche steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten es gibt und welche Rolle Freibeträge im Lohnsteuerabzugsverfahren spielen.
Wie wirken sich Freibeträge auf die Steuerlast aus?
Freibeträge senken nicht direkt die Steuer, sondern mindern die Bemessungsgrundlage, auf die die Steuer berechnet wird. Das bedeutet: Je höher der anerkannte Freibetrag, desto niedriger das zu versteuernde Einkommen – und desto geringer die Steuerlast.
Beispiel:
- Ein Arbeitnehmer verdient 40.000 € brutto im Jahr.
- Er hat einen Kinderfreibetrag von 6.384 €, einen Behindertenpauschbetrag von 1.420 € und einen Sparerpauschbetrag von 1.000 €.
- Diese Freibeträge führen dazu, dass nur der verbleibende Betrag der Steuer unterliegt – unter Berücksichtigung weiterer Abzüge wie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnlicher Belastungen.
Gerade bei mehreren Kindern, einer Schwerbehinderung oder hohen Unterhaltsleistungen können Freibeträge die Steuerlast deutlich reduzieren.
Wie kann man Freibeträge in der Steuererklärung geltend machen?
Die meisten Freibeträge werden automatisch berücksichtigt, sofern die relevanten Angaben korrekt in der jährlichen Einkommensteuererklärung gemacht werden. Das gilt etwa für den Grundfreibetrag, Kinderfreibeträge oder den Sparerpauschbetrag (sofern kein Freistellungsauftrag gestellt wurde).
Für andere Freibeträge ist ein gezielter Antrag notwendig:
- Der Behindertenpauschbetrag wird nur berücksichtigt, wenn die Schwerbehinderung im Steuerformular angegeben wird (Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“).
- Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird im Rahmen der Steuerklasse II automatisch bei der Lohnsteuer berücksichtigt – sofern das Kind im Haushalt gemeldet ist.
- Freibeträge für Unterhaltsleistungen erfordern den Nachweis von Zahlungen und Bedürftigkeit des Empfängers.
Eine steuerliche Beratung kann helfen, alle Möglichkeiten optimal auszuschöpfen – gerade bei komplexen Sachverhalten.
Was ist ein Lohnsteuer-Freibetrag?
Arbeitnehmer können einen individuellen Freibetrag beantragen, der bereits im laufenden Jahr beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt wird. Dies geschieht über den sogenannten Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag beim zuständigen Finanzamt (§ 39a EStG).
Typische Gründe für einen Lohnsteuer-Freibetrag:
- Hohe Werbungskosten (z. B. lange Arbeitswege, Fortbildungen)
- Sonderausgaben (z. B. Spenden, Versicherungsbeiträge)
- Außergewöhnliche Belastungen (z. B. Pflegekosten, Krankheitskosten)
- Unterhaltsverpflichtungen
Der Freibetrag wird in der elektronischen Lohnsteuerkarte (ELStAM) gespeichert und führt dazu, dass monatlich weniger Lohnsteuer einbehalten wird – statt einer großen Rückerstattung am Jahresende. Der Antrag muss jedes Jahr neu gestellt werden.
Welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es durch Freibeträge?
Freibeträge eröffnen interessante Spielräume zur Steueroptimierung:
1. Sparerpauschbetrag gezielt nutzen
Kapitalanleger sollten für jede Bank einen Freistellungsauftrag bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags stellen. Wer das vergisst, riskiert unnötige Kapitalertragsteuer auf Zinsen oder Dividenden – selbst unterhalb der Freigrenze.
2. Kinderfreibeträge und Steuerklassenwahl
Bei getrennt lebenden Eltern kann die Verteilung des Kinderfreibetrags oder die Wahl der Steuerklassen (III/V oder IV/IV mit Faktor) erhebliche Unterschiede machen. Auch das Kindergeld im Verhältnis zum Kinderfreibetrag kann bei gut verdienenden Eltern steuerlich relevant sein (Stichwort: Günstigerprüfung).
3. Erbschaften und Schenkungen rechtzeitig planen
Durch eine kluge Schenkungsstrategie alle zehn Jahre lassen sich hohe Vermögenswerte steuerfrei übertragen – vor allem an Kinder, Ehepartner oder Enkel. Eine frühzeitige Nachlassplanung kann helfen, Freibeträge voll auszuschöpfen und Erbschaftsteuer zu vermeiden.
4. Behindertenpauschbetrag beantragen
Wer eine anerkannte Behinderung hat (ab GdB 20), sollte unbedingt den Pauschbetrag in der Steuererklärung angeben. Bei hohem Pflegebedarf oder häuslicher Betreuung lassen sich zusätzliche Freibeträge (Pflegepauschbetrag) geltend machen.
Häufige Fehler bei Freibeträgen – und wie man sie vermeidet
Obwohl Freibeträge sehr vorteilhaft sind, werden sie in der Praxis oft nicht vollständig ausgeschöpft – insbesondere aus Unwissenheit oder wegen fehlender Nachweise.
Typische Fehler:
- Kein Freistellungsauftrag bei Kapitalanlagen ⇒ unnötige Abzüge
- Nicht beantragter Behindertenpauschbetrag trotz anerkanntem GdB
- Falsche Steuerklasse bei Alleinerziehenden, wodurch der Entlastungsbetrag entfällt
- Versäumter Antrag auf Lohnsteuerfreibetrag, obwohl hohe Sonderausgaben bestehen
Tipp: Eine gründliche Steuerberatung oder die Nutzung moderner Steuer-Software (z. B. WISO, Smartsteuer, Elster) kann helfen, alle Freibeträge optimal zu nutzen.
Der Freibetrag im Verhältnis zu Freigrenzen und Pauschbeträgen
Wichtig ist die begriffliche Abgrenzung:
- Freibetrag: Der Betrag bleibt steuerfrei, auch wenn er überschritten wird – besteuert wird nur der übersteigende Teil.
- Freigrenze: Wird sie überschritten, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig.
- Pauschbetrag: Fester Betrag ohne Einzelnachweis – aber kein Schutz vor Steuer, sondern nur ein pauschaler Abzug.
Beispiel:
- Der Sparerpauschbetrag ist ein Freibetrag – Kapitalerträge darüber hinaus sind steuerpflichtig.
- Die Sachbezugsfreigrenze (z. B. 50 € für Gutscheine) ist eine Freigrenze – bei 51 € ist der komplette Betrag steuerpflichtig.
Freibeträge bei Erbschaftsteuer, Sozialleistungen und deren Abgrenzung zum Schonvermögen
Im dritten Teil unseres umfassenden Ratgebers zum Thema Freibetrag werfen wir einen detaillierten Blick auf zwei besonders relevante Lebensbereiche: die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Grundsicherung. Außerdem klären wir, worin sich Freibeträge und Schonvermögen unterscheiden – ein Aspekt, der gerade in rechtlichen und sozialstaatlichen Kontexten eine zentrale Rolle spielt.
Freibeträge bei Erbschaft- und Schenkungsteuer
Wird Vermögen durch Tod oder Schenkung übertragen, fällt unter Umständen Erbschaft- oder Schenkungsteuer an. Das deutsche Steuerrecht sieht jedoch großzügige Freibeträge vor, um Familienvermögen zu schützen – je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto höher der Freibetrag (§ 16 ErbStG).
Höhe der Erbschaftsteuer-Freibeträge
Verwandtschaftsverhältnis | Freibetrag |
---|---|
Ehegatten / eingetragene Lebenspartner | 500.000 € |
Kinder (auch Stief- und Adoptivkinder) | 400.000 € |
Enkel (wenn Elternteil verstorben) | 400.000 € |
Enkel (wenn Elternteil lebt) | 200.000 € |
Eltern / Großeltern bei Erwerb durch Erbschaft | 100.000 € |
Geschwister, Nichten, Neffen, sonstige Personen | 20.000 € |
Wichtig: Diese Freibeträge gelten je Person und pro zehn Jahre – eine frühzeitige, gestaffelte Schenkung kann also helfen, hohe Steuerbeträge zu vermeiden.
Steuerklassen und Steuersätze
Zusätzlich unterscheiden sich auch die Steuersätze nach Steuerklasse (nicht zu verwechseln mit der Lohnsteuerklasse):
- Klasse I: enge Verwandte, niedrigste Steuersätze (7–30 %)
- Klasse II: z. B. Geschwister, Schwiegerkinder (15–43 %)
- Klasse III: sonstige Personen, hohe Steuersätze (30–50 %)
Die Kombination aus hohem Freibetrag und niedriger Steuerprogression ermöglicht innerhalb der Familie fast immer eine steuerfreie Übertragung, solange rechtzeitig geplant wird.
Freibeträge bei Sozialleistungen: Bürgergeld, Grundsicherung & Co.
Auch im Bereich der Sozialleistungen spielen Freibeträge eine große Rolle. Sie bestimmen, welches Einkommen oder Vermögen bei der Berechnung von Leistungen anrechnungsfrei bleibt – oder anders gesagt: Was man trotz Bedürftigkeit behalten darf.
1. Bürgergeld (ehemals Hartz IV)
Seit 2023 gelten durch das Bürgergeld-Gesetz neue, großzügigere Freibeträge:
- Vermögensfreibetrag: 15.000 € pro Person im Haushalt (inkl. Kinder)
- Schonvermögen für Altersvorsorge (z. B. Riester-Rente): unantastbar
- Einkommensfreibetrag: gestaffelt zwischen 100 € und 520 € monatlich, teilweise bis 1.000 € (z. B. bei Schülern, Azubis, Studierenden)
2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Hier gelten andere, meist niedrigere Grenzen:
- Freibetrag auf Altersvorsorge (z. B. Rürup): bis 5.000 €
- Freibetrag auf Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit: bis 3.000 €/Jahr
- Neu seit 2021: Ein zusätzlicher Freibetrag auf Renteneinkommen (223 € monatlich, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen)
Diese Freibeträge sollen sicherstellen, dass Menschen mit langer Erwerbsbiografie nicht auf Sozialhilfe-Niveau absinken.
Unterschied zwischen Freibetrag und Schonvermögen
Die Begriffe „Freibetrag“ und „Schonvermögen“ werden oft synonym verwendet, sind aber juristisch nicht identisch:
- Freibetrag: gesetzlich festgelegter Betrag, der bei der Berechnung einer Abgabe oder Steuer unberücksichtigt bleibt.
- Schonvermögen: bezieht sich auf das nicht verwertbare Vermögen bei Bedürftigkeit, z. B. bei der Beantragung von Sozialhilfe, Pflegeleistungen oder Grundsicherung. Es ist im Sozialrecht geregelt.
Beispiel: Wer eine Eigentumswohnung besitzt, die er selbst bewohnt, darf sie trotz Grundsicherung behalten – sie zählt zum Schonvermögen (§ 90 SGB XII). Ein Sparerpauschbetrag hingegen ist ein steuerlicher Freibetrag für Kapitalerträge.
Relevanz in der Praxis – mit konkreten Beispielen
Fall 1: Erbschaft einer Immobilie durch ein Kind
Ein Sohn erbt von seiner Mutter ein Haus im Wert von 380.000 €. Da der Freibetrag bei 400.000 € liegt, fällt keine Erbschaftsteuer an. Würde das Haus jedoch 450.000 € wert sein, würden nur 50.000 € versteuert – zu einem günstigen Steuersatz von 7 %.
Fall 2: Antrag auf Bürgergeld mit eigenem Vermögen
Ein alleinstehender Bürgergeld-Antragsteller besitzt 12.000 € auf dem Tagesgeldkonto. Da der Freibetrag bei 15.000 € liegt, wird kein Vermögen angerechnet, und der Leistungsanspruch bleibt bestehen. Ein Auto bis 15.000 € zählt ebenfalls zum Schonvermögen.
Fall 3: Pflegebedürftiger mit Eigentumswohnung
Eine Seniorin beantragt Hilfe zur Pflege. Ihr Wohn-Eigentum bleibt geschützt, sofern sie darin wohnt. Das angesparte Pflegegeld auf einem gesonderten Konto (z. B. 5.000 €) zählt als Schonvermögen und wird nicht für die Heimkosten herangezogen.
Freibeträge bei BAföG, Elternunterhalt, Wohngeld und häufige Missverständnisse
Neben Steuern und Sozialleistungen spielen Freibeträge auch in weiteren Lebensbereichen eine essenzielle Rolle – etwa beim BAföG, Elternunterhalt oder Wohngeld. Dabei geht es stets um die zentrale Frage: Was darf ich behalten, ohne dass es auf meine Leistungen oder Verpflichtungen angerechnet wird? Dieser Teil klärt die wichtigsten Sonderregelungen und verbreitete Irrtümer rund um Freibeträge.
Freibetrag beim BAföG
Wer studiert oder eine schulische Ausbildung absolviert und BAföG beantragt, muss seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen. Der Gesetzgeber möchte verhindern, dass BAföG ausbezahlt wird, obwohl eigentlich keine Bedürftigkeit besteht. Gleichzeitig schützt das BAföG-Recht jedoch Grundbedürfnisse durch individuelle Freibeträge.
1. Vermögensfreibetrag
Seit August 2022 gelten neue Grenzen (§ 29 BAföG):
- Studierende: 15.000 € (unter 30 Jahre), 45.000 € (ab 30 Jahre)
- Verheiratete / mit Kind: zusätzlicher Freibetrag je Angehörigem von 2.300 €
Alles, was darüber hinausgeht (z. B. Aktien, Bargeld, Sparbücher, Auto), wird auf den Förderbetrag angerechnet – oft bis hin zur vollständigen Kürzung.
2. Einkommensfreibetrag
Für Auszubildende selbst gilt ein Freibetrag von 520 €/Monat. Liegt das Einkommen darunter (z. B. durch Minijob), wird es nicht auf das BAföG angerechnet. Für Eltern und Ehegatten gelten eigene Freibeträge (§ 25 BAföG), abhängig von Kinderanzahl, Familienstand und Steuerklasse.
Freibetrag beim Wohngeld
Auch Wohngeldempfänger profitieren von bestimmten Anrechnungsfreiheiten – allerdings spricht man hier nicht direkt von „Freibetrag“, sondern von Abzugsbeträgen beim Einkommen (§ 17 WoGG).
Beispiele:
- Werbungskostenpauschale: 1.000 € jährlich
- Freibetrag für Kinderbetreuungskosten: 4.000 €/Kind
- Freibetrag für Alleinerziehende: bis zu 1.320 €
- Freibetrag bei Behinderung: je nach GdB (Grad der Behinderung) gestaffelt
Ziel dieser Freibeträge ist es, bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens realistische Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, sodass mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld erhalten.
Freibetrag beim Elternunterhalt
Seit der Gesetzesänderung 2020 (§ 94 SGB XII) gilt: Kinder von pflegebedürftigen Eltern müssen nur noch dann Elternunterhalt zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 € liegt. Damit entfällt für die Mehrheit der Bevölkerung die Sorge, im Alter der Eltern zur Kasse gebeten zu werden.
- Der Freibetrag bezieht sich auf das Jahreseinkommen des Kindes.
- Vermögen wird grundsätzlich nicht herangezogen, es sei denn, es übersteigt zumutbare Selbstbehalte.
Diese Neuregelung verschafft vielen Familien spürbare Entlastung – zumal Pflegeheime teuer sind und das Sozialamt bisher häufig Regress bei Angehörigen nahm.
Häufige Missverständnisse über Freibeträge
1. „Freibetrag heißt: Steuerersparnis in voller Höhe“
Falsch. Ein Freibetrag senkt nur das zu versteuernde Einkommen. Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit einem zusätzlichen Kinderfreibetrag von 3.192 € spart nicht 3.192 € Steuern, sondern nur den Steuersatz auf diesen Betrag – z. B. 30 % von 3.192 € = 957 € Steuerersparnis.
2. „Freibeträge gelten automatisch immer und überall“
Auch falsch. Viele Freibeträge müssen beantragt werden (z. B. Behindertenpauschbetrag beim Finanzamt, Sparerpauschbetrag auf dem Freistellungsauftrag bei der Bank). Wer das versäumt, verschenkt bares Geld.
3. „Einmal festgesetzte Freibeträge gelten unbegrenzt“
Nicht immer. Freibeträge können zeitlich befristet, einkommensabhängig oder jährlich neu zu beantragen sein – z. B. beim Wohngeld oder beim Steuerfreibetrag für Werbungskosten.
4. „Freibeträge sind gleichbedeutend mit Steuerfreibeträgen“
Nein. Wie im vorherigen Teil erläutert, gibt es Freibeträge im Steuerrecht, Sozialrecht, Erbrecht – jeweils mit eigener Systematik. Der Kontext ist entscheidend.
Verwandte Begriffe und Unterscheidung
- Freibetrag vs. Freigrenze: Bei einem Freibetrag bleibt der Betrag steuerfrei, bei einer Freigrenze wird der gesamte Betrag besteuert, sobald die Grenze überschritten wird (z. B. bei Geschenken bis 20 €).
- Pauschbetrag: Festbetrag, der ohne Einzelnachweis angerechnet wird (z. B. Werbungskostenpauschale von 1.230 €).
- Abzugsbetrag: Ein Freibetrag, der vom Einkommen abgezogen wird, bevor eine Leistung berechnet wird (z. B. beim Wohngeld).
- Grundfreibetrag: Zentrale Größe im Einkommensteuerrecht – bis zu dieser Grenze bleibt das Einkommen steuerfrei.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) und kompakte Zusammenfassung
Der Begriff „Freibetrag“ wirft in der Praxis viele Fragen auf – sei es bei der Steuererklärung, beim Sozialamt, bei der Elterngeldstelle oder im Erbfall. Die folgenden häufig gestellten Fragen (FAQs) beantworten typische Anliegen und Missverständnisse rund um das Thema und helfen dabei, Freibeträge besser zu verstehen und gezielt zu nutzen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Thema Freibetrag
Was ist ein Freibetrag einfach erklärt?
Ein Freibetrag ist ein gesetzlich festgelegter Betrag, der nicht in die Berechnung von Steuern oder Sozialleistungen einbezogen wird. Er sorgt dafür, dass ein bestimmter Teil des Einkommens, Vermögens oder der Erbschaft anrechnungsfrei bleibt – also unangetastet.
Welche Freibeträge gibt es in der Einkommensteuer?
Zu den wichtigsten Freibeträgen im Einkommensteuerrecht zählen:
- Grundfreibetrag
- Kinderfreibetrag
- Alleinerziehendenentlastungsbetrag
- Behinderten-Pauschbetrag
- Pflegepauschbetrag
- Ausbildungsfreibetrag
- Sparerpauschbetrag
Was ist der Unterschied zwischen Freibetrag und Freigrenze?
Ein Freibetrag wird immer steuerfrei gestellt – der Betrag bleibt unangetastet. Bei einer Freigrenze gilt: Wird die Grenze überschritten, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig. Beispiel: Sachzuwendungen bis 50 € monatlich sind für Arbeitnehmer steuerfrei – bei 51 € wird der gesamte Wert steuerpflichtig.
Was bringt mir ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte?
Ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte (heute: ELStAM) sorgt dafür, dass der Arbeitgeber monatlich weniger Lohnsteuer einbehält. Man erhält netto mehr – muss dafür aber im Folgejahr eine Steuererklärung abgeben. Typische Gründe: hohe Werbungskosten, Unterhaltszahlungen oder außergewöhnliche Belastungen.
Kann ich mehrere Freibeträge gleichzeitig nutzen?
Ja, das ist möglich. Freibeträge gelten kumulativ, sofern keine gesetzliche Einschränkung besteht. Wer etwa unter den Grundfreibetrag fällt und zugleich einen Kinderfreibetrag erhält, profitiert doppelt. Auch beim BAföG oder Wohngeld können verschiedene Abzugsbeträge kombiniert werden.
Müssen Freibeträge beantragt werden?
Nicht alle. Der Grundfreibetrag wird automatisch berücksichtigt. Andere – wie der Behindertenpauschbetrag oder ein Freibetrag für Werbungskosten – müssen aktiv beantragt werden, z. B. beim Finanzamt oder in der Steuererklärung.
Was passiert, wenn ich einen Freibetrag nicht nutze?
Dann verschenkst du unter Umständen Geld. Viele Freibeträge gelten rückwirkend nur begrenzt oder müssen rechtzeitig beantragt werden. Vor allem bei der Steuer lohnt sich die Nachprüfung: Pauschbeträge, Sonderausgaben und Kinderfreibeträge können sich deutlich auf die Rückerstattung auswirken.
Kann ein Freibetrag auch negativ wirken?
Ja, z. B. beim BAföG oder bei Sozialleistungen. Wenn der Vermögensfreibetrag überschritten wird, kann dies zum Verlust der Leistung führen. Auch bei falscher Antragstellung (z. B. zu hoher Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte) kann es zu Nachzahlungen kommen.
Gibt es Freibeträge auch im Erbrecht?
Ja, z. B. den Erbschaftsteuer-Freibetrag:
- Ehepartner: 500.000 €
- Kinder: 400.000 €
- Enkel: 200.000 €
- Geschwister: 20.000 €
Diese Freibeträge gelten je Person und innerhalb von zehn Jahren.
Zusammenfassung: Das Wichtigste zum Freibetrag auf einen Blick
- Freibeträge entlasten steuerlich und sozialrechtlich – sie sind essenziell, um finanzielle Belastungen zu minimieren.
- Es gibt Freibeträge in vielen Bereichen: Steuern, BAföG, Wohngeld, Elterngeld, Elternunterhalt, Erbschaftsteuer u. v. m.
- Sie müssen teils beantragt, teils automatisch berücksichtigt werden – wichtig ist, die Regeln zu kennen.
- Die korrekte Anwendung spart Geld – und verhindert gleichzeitig Rückforderungen oder Leistungskürzungen.
- Missverständnisse vermeiden: Nicht jeder Freibetrag führt zur vollen Steuerersparnis; viele Freibeträge gelten nur unter Bedingungen oder zeitlich befristet.